Song

America

Laufzeit

3:53 Minuten

Album

Falco 3 [1985]

Musik, Text und Produktion

Musik: Rob & Ferdi Bolland
Text: Falco
Produzent: Rob & Ferdi Bolland

Offiziell veröffentlichte Mixes/Edits/Versionen

  • Milo Mills Remix 3:34 (2017)

Offiziell veröffentlichte Liveaufnahmen

  • Wien, Stadthalle 3:42 (1985)

Über den Song

Der Song ist eine bitterböse Abrechnung mit der angeblichen Oberflächlichkeit der Amerikaner. Fast 20 Jahre vor Rammsteins (fast) gleichnamiger USA-Satire lästert und spottet Falco hier über fast alles und jeden. Musikalisch wirkt der Song wie ein Fremdkörper auf dem Album, die Instrumentierung klingt irgendwie brav und bieder, zahm und unaufregend, vom ansonsten auf diesem Album (und grundsätzlich bei den Bolland-Songs) vorherrschenden internationalem Bombast-Sound ist nichts zu hören. Die Melodie wird von einer Mundharmonika getrieben, dazwischen erklingen langweilige Synthesizer-Sounds, Klavier und ein Glockenspiel á la Bruce Springsteen oder Bob Dylan. Die Melodie klingt seltsam provinziell und schleppt sich eher langweilig dahin, das Lied ist deutlich weniger elektronisch als der Rest des Albums und die wärmere Melodieführung sowie der Einsatz der Mundharmonika und Falcos Einsatz von Wiener Dialekt lässt die Nummer stark nach Austropop klingen. Im Wiener Zeitgeistmagazin Wiener verglich man den Song zum Zeitpunkt des Erscheinens mit Songs von Wolfgang Ambros, eine Kritik, die Falco (der sich Zeit seines Lebens vom Austropop distanzieren wollte) wohl sehr getroffen haben dürfte, so weit von der Wahrheit entfernt ist der Vergleich aber (leider) nicht.

Textlich geht der Song schon mehr zur Sache, Falco spöttelt nicht nur über die (bis dahin) mangelnde Begeisterung der US-Amerikaner beim Kauf seiner Tonträger, sondern auch über die fehlenden Sprachkenntnisse von Touristen aus God’s own country beim versuchten Kauf eines traditionellen Wiener Schnitzels sowie bei der Kontaktaufnahme mit einer einheimischen Prostituierten. Nebenbei wird auch noch dem deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel eine ironische Breitseite mitgegeben ("...‘Der Spiegel‘ sagte "Wien ist vorne", wenn es der nicht weiß, wer dann?"). Der Germanist Günther Zimmermann vergleicht den Song mit einer Kabarettnummer, ein passender Vergleich, verwendet Falco in dieser Nummer doch mehrmals das Stilelement des Dialoges zwischen den Protagonisten, ganz in der Wiener Tradition der Doppelconférencen von der Farkas und Waldbrunn in den 1950ern. Auch politische Seitenhiebe kann sich Falco nicht verkneifen, so fordert er lautstark "Spiel auf, Reagan, come on" und meint damit natürlich den damaligen US-Präsidenten und vormaligen Hollywoodschauspieler Ronald Reagan, der 1984 für eine zweite Amtsperiode gewählt wurde.

Falcos ironisch-sarkastischer Seitenhieb auf die amerikanische (Un-) Kultur ist einerseits sicher stark autobiographisch, andererseits aber auch ein wilder Rundumschlag gegen alles US-Amerikanische. Das bemerkte auch die britische Musikzeitschrift New Melody Express, als sie sich über den offen anti-amerikanischen Ton dieses Liedes wunderte. Im Grunde positioniert sich Falco mit diesem Song sehr deutlich als Europäer, noch mehr als Österreicher, einem der "zeigen will, dass hier in Österreich Menschen leben, die wissen, wie man mit der Welt umgeht, wir sind wir und nennen uns uns" (Falco im Originalton). Dieses Statement klingt, mag es noch so authentisch sein, dennoch irgendwie provinziell, es ist quasi das Gegenteil von dem was Falco noch ein Jahr zuvor mit seinem zweiten Album darstellen wollte, nämlich den kosmopolitischen Mann von Welt, der auf der ganzen Welt zuhause ist.

Nun klingen seltsam parodistische Töne durch, Falco definiert sich in erster Linie als österreichisch, obgleich er den Hauch der weiten Welt schnuppern konnte. Gleichzeitig fordert Falco, dass ihn die Welt (auch Österreich) gefälligst so zu nehmen hat, wie er nun einmal ist, er habe keine Lust sich zu verbiegen. Die Ironie liegt hier auf der Hand, ist doch Falco dem kommerziellen Massengeschmack mit seinem dritten Album mehr als nur entgegengekommen, hat also durchaus schwerwiegende musikalische und kreative Zugeständnisse gemacht. Vielleicht ist der Song also lediglich ein trotziger Versuch, dennoch darauf zu beharren, dass Falco unbeirrt seinen eigenen Weg geht (auch wenn das auf Falco 3 nicht mehr wirklich der Fall ist, wenn man bedenkt, dass Falcos Beitrag mit diesem Album im Vergleich zu den beiden Vorgängeralben dramatisch zurückgegangen ist). Falco scheint sich hier also wider besseren Wissens als selbstbewusste, eigenständige und unabhängige, wenngleich auch sehr exzentrische und flatterhafte europäisch-österreichische Größe verorten zu wollen.

Heinz Rudolf Kunze schreibt über den Song, dass Falco den "Schauplatz seines definitiven Weltdurchbruchs mit Häme übergießt und sich darüber freut, den Amis Disko-Cola verkauft zu haben". Wie auch immer, irgendwie bleibt der Song (der zwar in englischer Schreibweise tituliert ist, jedoch im Song deutsch ausgesprochen wird) dennoch irgendwie zahnlos. Ursprünglich hieß der Song "Videot" und handelte von einem Typen, der den ganzen Tag nichts anderes macht, als sich daheim Spielfilme im Videorecorder reinzuziehen. Eine nicht gerade subtil-spitzfindige Anspielung der Bollands auf den von ihnen produzierten Künstler, der ja oft davon sprach, genau so viele Tage zu verbringen. Mit dem Text konnte der derart angegriffene Falco natürlich wenig anfangen, da ihm jedoch die Melodie gefiel, schrieb Falco den Text einfach um.

Der Song ist laut den Autoreninfos neben Tango The Night und Männer Des Westens-Any Kind Of Land (dazu später mehr) der einzige Song auf Falcos drittem Album zu dem Falco die Texte selbstständig ohne Themenvorschlag der Bollands geschrieben hat. Vielfach wird der Song als "Kleinod" (Horst Bork) beschrieben und vielleicht ist er das auch in der Hinsicht, als dass Falco anscheinend wirklich nur bei diesem Song zu alter textlicher Unabhängigkeit zurückfand, wenngleich Gerüchte kursieren, wonach sich Falco einige Textideen von Hubertus von Hohenlohe, einem seiner Freunde, geholt haben soll. Da jeder Song auf dem Album Falco 3 eine Art Untertitel besitzt, ist auch dieser Titel keine Ausnahme, Falco wählte hier "The City Of Grinzing Version", eventuell auch eine Anspielung auf den amerikanischen Traum mit seiner selbstgewählten Beschreibung als Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dass Grinzing der Name eines Wiener Stadtbezirks ist, hebt natürlich den humoristischen Wert.

Live wurde der Song lediglich auf der 1985er Tournee aufgeführt.

Alles in allem ist dieser Song sowohl in musikalischer als auch in textlicher Hinsicht sicherlich nicht eine der besten Nummern Falcos. Umso unverständlicher ist, dass America als vierte Singleauskopplung im Gespräch war (auf dem Cover des Album ist er neben den anderen drei dann tatsächlich realisierten Singles, Rock Me Amadeus, Vienna Calling und Jeanny, aufgeführt). Aufgrund der Tatsache, dass der Song jedoch Falcos Plattenfirma A&M überhaupt nicht gefiel ("zu europäisch"), dürfte wohl auch der Umstand, dass die dritte Single Jeanny so überaus erfolgreich war und bis spät in den Frühling hinein in den Charts blieb (und gleichzeitig schon die nächste Single The Sound Of Musik in den Startlöchern scharrte), dazu geführt haben, dass dieser Song schlussendlich doch nicht ausgekoppelt wurde. Er schaffte es jedoch auf die B-Seite der Single Vienna Calling in Großbritannien.

Im Zuge von Falcos 60. Geburtstag produzierte Milo Mills einen neuen Remix, dieser hat durchaus Charme und überzeugt auch dadurch, dass der Song eine ungewöhnliche Wahl für eine Neuabmischung ist.

2019 passierte Sony Music Germany bei einer Kompilationsveröffentlichung bei diesem Song ein peinlicher Fehler: auf dem Plattenetikett wurde fälschlicherweise "Africa" aufgedruckt (auf dem Cover selbst konnte dieser Fehler in letzter Sekunde noch vermieden werden)… Da waren wohl weniger Falco- als Toto- oder Rose Laurens-Fans am Werk…

Text

Also
Die Geschichte ist eine jene
Das weiß ein jeder
Weil das liegt doch auf der Hand
Es war mit Bock und Roll Musik
Nicht immer leicht in diesem Land

Was in mir sitzt ist weiß gespritzt
Das ist mir völlig klar
Obgleich ich Whiskey tschechern tu
Seitdem in USA ich war

Dort sagens
"Falco you are wonderful"
Komm, habt's mich langsam gern
Wenn's meine records trotzdem kaufen würdets
Tät das mich nicht stören

Das Typische an mir
Ich bin untypisch ganz und gar
Einmal hoch und einmal tief
Einmal gspritzt, dann wieder klar

Ihr werdet mich nehmen müssen wie ich bin
Ich sag's euch lieber gleich
Zeigt mir den nächsten schlanken Fuß
Dann bin ich für euch live dabei

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann
America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann
America
Nein, Nein, spiel auf, Reagan, come on!
America
Na, na, na, na, na, na, na

Der 'Spiegel' sagte "Wien ist vorn"
Wenn's der nicht weiß, wer dann?
Wenn der Mr. Smith eine Glatze hat
Verkaufen wir ihm einen Kamm

Der Herr war dick
Das Madl slick
So denn er lallend fragt
"What's your name?"
"Ich nehm zweitausend"
Keusch das Dirndl sagt

Ihr werdet uns nehmen müssen wie wir sind
Wir sagen es euch lieber gleich
Zeigt uns den nächsten Präsidenten
Und wir sind live dabei
Oder auch nicht

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann
America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

Jawohl

"I would like to have that wonderful Wiener Schnitzel"
"Geh, gib ihm zehn Deka Polnische in eine Wachauer"
"Yeah, that's really great"
"Weiß ich eh, das macht hundert,
Nein, nein, Schilling, nicht Dollar,
Übertreiben wollen wir es nicht"

America
La, la, la, la, la, la, la
America
La, la, la, la, la, la, la

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann
La, la, la, la
America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann
La, la, la, la

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

Jawohl, gehen wir, meine Herren!
Und das große Finale

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

Mein Gott, wir vermissen euch!

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

Und es ist immer noch nicht aus, nein!

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

Das ist aber ein langes Finale!
Na komm, einmal geht's noch!

America
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

America, USA
Wenn ihr mir glauberts
Wie man euch vermissen kann

Text laut Textbeilage

Die Story ist jene
Das weiß doch jedermann
Das liegt doch auf der Hand
Es war mit Bock und Roll Musik
Nicht immer leicht in diesem Land

Was in mir sitzt ist weißgespritzt
(Weinschorle, Spritzer)
Das ist mir völlig klar
Obgleich ich Whiskey zech
Seitdem in USA ich war

Dort hört man "Falco you are wonderful"
Ich hab es langsam satt
Wenn ihr meine Records trotzdem kaufen würdet
Würde es mich nicht stören

Das Typische an mir
Ich bin untypisch ganz und gar
Einmal hoch und einmal tief
Einmal ausgeflippt, dann wieder straight

Ihr werdet mich nehmen müssen wie ich bin
Ich sag es lieber gleich
Zeigt mir den nächsten Schlanken Fuß
Und ich bin voll dabei

America wenn ihr mir glauben würdet
Wie man euch vermissen kann

Im "Spiegel" stand es: Wien ist "in"
Und wenn der es nicht weiß wer dann?
Auch wenn Mr. Smith 'ne Glatze hat
Wir verkaufen ihm einen Kamm

Der Herr war dick
Das Girl war slick
So denn er lallend fragt
"What's your name?"
I' nehm' zweitausend "Öschis"
Keusch das Madel sagt

Ihr werdet uns nehmen müssen wie wir sind
Wir sagen es lieber gleich
Zeigt uns den nächsten Präsidenten
Und wir sind voll dabei
Oder auch nicht

Dialog zwischen einem Touristen und einem Würstchenhändler
Tourist: "I would like to have that wonderful Wiener Schnitzel"
Würstchenhändler (sich an seine Frau wendend):
"Gib ihm doch mal 100 g Wurst im Brötchen"
Tourist: "Yeah, that's really great"
Würstchenhändler (sich seiner Sache sicher):
"Aber das ist doch klar, der Herr, das macht hundert,
Nein, nicht Dollars sondern Schilling (Öschis),
Wir wollen es nicht übertreiben"

America...

La la la

Meine Textfassung beruht, falls vorhanden, auf den Textbeilagen der offiziellen Veröffentlichungen (Booklet, Inlay, Cover etc.). Allerdings wurden alle Texte abgehört und nach dem gesungenen Wort korrigiert. Bei Songs, bei denen keine Textbeilagen verfügbar sind, basiert meine Fassung ausschließlich auf dem gesungenen Wort bzw. auch auf im Internet kursierenden Versionen. Textpassagen, die im Dialekt gesungen wurden, stehen in gemäßigter Transliteration. Rechtschreibfehler, sowohl deutsche als auch englische, wurden in eklatanten Fällen korrigiert. Die Rechtschreibung beruht teils auf der zur jeweiligen Zeit gültigen (Textbeilagen), teils auf der neuen Rechtschreibung (eigene Abhörungen). Auf Satzzeichen wurde im Allgemeinen verzichtet. Für Verbesserungsvorschläge bin ich dankbar.