Live Album

Live Forever

November 1999
Eastwest Records GmbH
Charts: #34 AUT,

Juni 2023 (The Complete Show – Berlin 1986)
Warner Music Group Germany GmbH
Charts: #19 AUT (#19, 2023), #70 GER (#70, 2023)

  1. Kamikaze Cappa (Live) 5:15 *
  2. The Sound Of Musik (Live) 5:18
  3. The Star Of Moon And Sun (Live) 5:21 *
  4. Junge Roemer (Live) 4:40
  5. Männer Des Westens – Any Kind Of Land (Live) 4:00 *
  6. Cowboyz And Indianz (Live) 5:10 *
  7. Auf Der Flucht (Live) 4:02
  8. The Kiss Of Kathleen Turner (Live) 7:42 *
  9. Jeanny (Live) 8:26
  10. Crime Time (Live) *
  11. Les Nouveaux Riches (Live) 5:38 *
  1. Interlude (Live) 1:02 *
  2. Hoch Wie Nie (Live) 4:32
  3. Munich Girls (Live) 4:35 *
  4. No Answer (Hallo Deutschland) (Live) 3:41 *
  5. Ganz Wien (Live) 4:56
  6. Emotional (Live) 5:37
  7. Coming Home (Jeanny Part 2, Ein Jahr Danach) (Live) 4:43
  8. Der Kommissar (Live) 5:10
  9. Vienna Calling (Live) 4:40
  10. Helden Von Heute (Live) 4:08
  11. It’s All Over Now, Baby Blue (Live) 7:49
  12. Rock Me Amadeus (Live) 6:10

* Lediglich auf der 2023-Wiederveröffentlichung des Albums ("Live Forever: The Complete Show – Berlin 1986").

Über das Album

Nach dem enormen weltweiten Erfolg des Albums Falco 3 war es bereits vor Erscheinen der nächsten LP Emotional klar, dass Falco gleichzeitig mit der Veröffentlichung dieses Longplayers auf seine, sowohl vom Umfang als auch vom Aufwand gesehen, größte Tour gehen würde. Die Konzertreihe begann im Oktober 1986 in Österreich und führte Falco auch nach Deutschland, in die Schweiz, nach Ungarn und für fünf Konzerte sogar bis nach Japan. Eine Verlängerung der Tour in die USA mit 26 Konzerten war für Anfang 1987 geplant, wurde aber wohl hauptsächlich aufgrund des unerwarteten internationalen Flops des Albums abgesagt.

Falcos Band umfasst dabei zehn Musiker, mit einer derart großen musikalischen Begleitung ist Falco weder davor noch danach aufgetreten. Es war klar, dass Falco, der sich zum Zeitpunkt der Tournee auf dem kommerziellen Höhepunkt seiner Karriere befand, auch live wie ein internationaler Superstar auftreten wollte. Dementsprechend wurden auch große bis mittelgroße Hallen gebucht, in der Wiener Stadthalle trat Falco sogar zweimal vor 11.000 Menschen auf.

Im Repertoire der Tour befanden sich sämtliche neun Nummer des gerade erschienenen Albums Emotional (es ist anzunehmen, dass Falcos Plattenfirma damals zumindest sanft Druck ausübt, sämtliche Songs aus diesem Album aufzuführen, vielleicht gegen eine finanzielle Beteiligung an der Tour), sowie sechs Stücke von Falco 3, vier Tracks von der Debut-LP Einzelhaft sowie drei Lieder aus dem Longplayer Junge Roemer. Die Setliste bestand somit aus insgesamt zweiundzwanzig Songs.

Am 27. Oktober 1986 gab Falco im Rahmen dieser Tournee ein Konzert in der Berliner Eissporthalle. Fast genau dreizehn Jahre später, und rund eineinhalb Jahre nach Falcos Tod, wurde die dabei gemachte Aufnahme 1999 erstmals veröffentlicht.

Dabei wurde jedoch nicht das vollständige Konzert auf den Markt gebracht, sondern lediglich ein Auszug davon, rund ein Drittel der gespielten Songs schafften es nicht auf den Tonträger. So wurde auf Kamikaze Cappa, The Star Of Moon And Sun, Männer Des Westens-Any Kind Of Land, Cowboyz And Indianz, The Kiss Of Kathleen Turner, Crime Time, Les Nouveaux Riches, Munich Girls und No Answer (Hallo Deutschland) verzichtet, das Live-Album umfasst somit nur dreizehn Nummern. Der Grund für diese reduzierte Anzahl an Tracks auf der CD dürfte dabei kostentechnischer Natur gewesen sein. So hätte man für die Veröffentlichung des gesamten Konzerts zwei CDs gebraucht, die Plattenfirma EastWest (die Falcos Katalog von Teldec übernommen hatte, heute liegen die Rechte bei Warner Music) entschied sich daher 1999 wohl für eine Auswahl an Liedern beziehungsweise für eine Albumlaufzeit, die auf eine einzige CD passte. Verwunderlich ist jedoch, warum nicht noch ein Song mehr auf das Album genommen wurde, die Laufzeit des Albums beträgt rund 68 Minuten, der Red Book Standard (der sicherstellt, dass eine CD auf jedem CD-Player problemlos abspielbar ist) liegt bei 74 Minuten. Gleichzeitig wurde 1999 auch der chronologische Ablauf des Konzerts nicht richtig auf der Platte reproduziert. Das Tracklisting wurde nicht in der Abfolge übernommen, wie Falco es 1986 gespielt hat (die Konzerte auf der Emotional-Tour wurden alle mit Kamikaze Cappa eröffnet), stattdessen wurden einige Hits an den Anfang des Albums gereiht. Dies sollte wohl die Kaufkraft heben, vermindert aber natürlich gleichzeitig massiv die Authentizität der Veröffentlichung.

Erst rund ein Vierteljahrhundert später, zu Falcos 25. Todestag anno 2023 wurde schließlich das gesamte damals mitgeschnittene Konzert vollständig und mit der reihenfolgetechnisch korrekten Setlist auf den Markt gebracht. Dafür wurde der Titel des Albums um einen Zusatz erweitert, "The Complete Show – Berlin 1986" weist nun auf die komplette Veröffentlichung hin.

Aufgenommen wurde das Konzert 1986 von Falcos damaligen Produzenten Rob und Ferdi Bolland, sie verwendeten dabei ein mobiles Tonstudio, welches direkt vor der Halle geparkt war. Falco ging im Konzert auf den Umstand ein, dass das Konzert aufgezeichnet wird, diese Ansage ist auch auf dem Album zu hören: „Vielleicht habt ihr da draußen vor der Halle diesen großen Wagen gesehen. Da stehen drei 24-Kanal-Tonbandmaschinen drinnen. Vielleicht habt ihr hier in den vorderen Reihen auch auf den Boxen die Mikrofone gesehen, die nicht für uns bestimmt sind, sondern für euch bestimmt sind. Wisst ihr warum? Wir nehmen das ganze Konzert ganz einfach auf!“

Als man nach Falcos Tod die Aufzeichnungen dieses Auftritts 1999 für eine Veröffentlichung würdig befand, entschloss man sich, wohl aus Gründen der Authentizität, die Bollands die damals aufgenommenen Bänder auch produzieren zu lassen. Die Produktion mischt dabei Falcos Stimme sehr prominent, fast schon abgehoben, in den Vordergrund, dies geht zu Lasten der Band, diese hört man oft nur dünn und blass im Klangbild. Manchmal dominiert auch das Schlagzeug den Sound, während der Bass nur sehr selten eine wichtige Rolle im Mix spielt. Auch das Publikum hört man meistens nur nach den Songs, die Stimmung unter den 6.000 Berliner Fans kommt nur sehr selten auf dem Album rüber.

Bei der Wiederveröffentlichung 2023 wurden sämtliche 22 Songs neu gemischt und remastert, dies führt zu einem deutlich besseren Hörerlebnis. Leider ist aber auch hier der Sound recht flach und ohne Tiefe. Zudem wurden beim neuen Remastering die Samples, die beim Konzert verwendet wurden, lediglich von den Publikumsmikrofonen übernommen und nicht auf die Originalsamples (wie bei der 1999-Version) zurückgegriffen. Das macht sich vor allem bei den Nummern Kamikaze Cappa, Vienna Calling, Jeanny und No Answer (Hallo Deutschland) unschön bemerkbar. Auch wurden beim Remastering vereinzelt Stimmen der Band zu sehr in den Vordergrund gemischt – wohl weil diese vom Tonstudio für Falcos Stimme gehalten wurde: diese unpassende Abmischung findet sich am Beginn von Vienna Calling ("1, 2, 3, 4") und in der Mitte des Songs Der Kommissar ("Cha, cha, cha") am prominentesten. Oft wurde auch Falcos Stimme fast vollständig weggemischt, im Vergleich mit dem Mix von 1999 fällt das unter anderem bei Coming Home (Jeanny Part 2, Ein Jahr Danach) sehr ungut auf. Das neue Remastering setzt also teilweise radikal andere Schwerpunkte im Mix, dies betrifft unter anderem das Hervorheben der Gitarrenspuren aber auch andere musikalische und stimmliche Aspekte. Auf der positiven Seite ist zu vermerken, dass der Track Jeanny nun rund zwei Minuten länger als in der 1999-Version ist, damals wurden aus nicht nachvollziehbaren Gründen die weiblichen Chorstimmen im Intro gekürzt.

Und natürlich stellt man bei dieser Konzertaufnahme auch unweigerlich fest, dass Falco halt leider auch kein klassischer Live-Künstler war. Der Sound von Falcos Musik war stets einer, der hochprofessionell in einem technisch hochgerüsteten Studio produziert wurde, eine Übertragung auf eine Live-Situation war daher stets nicht ohne Probleme und Abstriche möglich. Falco selbst sprach in mehreren Interviews über diese technische Herausforderung. Häufig führte diese schwierige Reproduktion zu einem biederen, braven Live-Sounds, vielen Songs verloren in Konzerten an Biss und Schärfe.

Seltsamerweise kam auch Falcos Charisma bei Live-Auftritten meistens nicht so zur Geltung, wie man das annehmen könnte. Während in Falcos Videoclips (durch die schnellen Schnitte in diesem Medium) sein Appeal im Regelfall faszinierend und anziehend vermittelt wird, so verlor sich diese Ausstrahlung über die Dauer eines Live-Konzerts und auf einer Bühne. Falco war kein Showman wie Freddy Mercury oder Mick Jagger, vielmehr entstand oft der Eindruck, dass Falco auf Konzerten ein bisschen verloren und ohne direkten Draht zum Publikum wirkte.

Auf dem Album sind einige von Falcos Interaktionen mit seiner Zuhörerschaft enthalten: Am Beginn des Konzerts fragt Falco in Aneignung des Brandenburger Dialekts „Hey, Berlin! Ihr habt mir wieder!“, eine Anspielung auf die Tatsache, dass Falco, vor Beginn seiner Karriere, 1979 einige Monate in dieser Stadt gelebt hat. Auch hier bietet die Neuauflage des Albums 2023 deutlich mehr dieser Ansagen zwischen den Songs und stellt auch deren richtige chronologische Platzierung sicher. Die Vorstellung der Bandmitglieder erfolgte während dieses Konzerts bei der Nummer It’s All Over Now, Baby Blue (bei dieser Bekanntmachung seiner Musiker spricht Falco dann auch Worte, die später von den Bollands, in extrem unauthentischer Art und Weise, in dem posthum angefertigten Sample-Songs New York City Girls verwendet werden).

Die Nummern wurden während des Konzerts in einer Art und Weise gespielt, die meistens sehr nahe an der Produktion der Studioversionen blieb. Die Größe der Band (inklusive der zwei Sängerinnen) erlaubte sogar eine Aufführung des Songs Emotional, bei dem die Produktion ja eine solche vielköpfige Begleitung voraussetzt. Wohl auch aus diesem Grund hat Falco bei späteren Tourneen und Konzerten diese Nummer nie mehr live gespielt. Bei Jeanny wurde am Schluss der Tracks eine kurze Passage aus der Titelmusik zum Westernfilm „Once Upon A Time In The West“ gespielt, dies wohl deshalb, weil der deutsche Filmtitel „Spiel Mir Das Lied Vom Tod“ so gut zur Vieldeutigkeit dieses damals heiß diskutierten Hits passte. In die gleiche Schneise schlägt auch der Umstand, dass Falco die Nummer Crime Time direkt nach dem Skandalhit spielte. Auch wurde der zweite Teil der Jeanny-Saga, Coming Home (Jeanny Part 2, Ein Jahr Danach), gespielt, auch das passierte lediglich bei dieser Konzertreihe 1986, bei späteren Tourneen wurde diese Nummer lediglich noch kurz am Ende des Songs Jeanny kurz angespielt und so auf die Mehrteiligkeit dieses Titels verwiesen.

Dieses Live-Album war Teil von Falcos Vertrag, den er 1986 mit Sire Records/Warner Music abgeschlossen hatte. Letztlich wurden Aufnahmen von Live-Konzerten (auch vom Donauinselfest 1993) erst nach Falcos Tod veröffentlicht, bis zu seinem Tod erschien kein einziges Live-Tondokument. Warum zu Falcos Lebzeiten dieses Konzert aus Berlin nicht auf den Markt gekommen ist, verwirrt bis heute: so wäre der Sommer 1987 ideal für einen solchen Release gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war das Album Emotional fertig vermarktet (die Titelnummer wurde im Frühjahr als dritte und letzte Single ausgekoppelt), die Tournee war gerade erst vorbei und Falco produzierte gerade mit Gunter Mende und Candy Derouge das geplante Album „Aya“ (welches schlussendlich unter dem Titel Wiener Blut und mit neu hinzugefügten Titeln der Bollands in die Läden kam), eine neue LP war also zu diesem Zeitpunkt auch nicht in den Startlöchern. Auch die Nummer Body Next To Body, die Falco parallel mit Giorgio Moroder und Brigitte Nielsen aufnahm, war noch nicht fertig und es war auch noch unklar, wann dieses Kooperationsprodukt auf den Markt kommen sollte. Die Frage, warum diese Live-Aufnahmen nicht umgehend nach der Tour veröffentlicht wurden, stellt sich umso mehr, wenn man bedenkt, dass Falco während des Konzertes ganz konkret von einem damals angedachten Release-Datum im Jahr darauf sprach: "Und ihr könnt euch dann, wenn ihr schön tatkräftig mitmacht mittels dieser (für euch aufgestellten) Mikrofone, im nächsten Jahr auf der Falco-Live-LP hören". Diese Ansage wurde in der 1999-Version des Albums noch herausgeschnitten, in der 2023-Ausgabe wurden sie dann inkludiert und werfen in der Tat die Frage auf, warum Falco, sein Management und seine Plattenfirma diese Idee nicht 1987 in die Tat umsetzen.

Wie auch immer, man verpasste dieses optimale Veröffentlichungszeitfenster im Jahr 1987 und als sich Falcos Vertrag mit Warner Music nach dem Erscheinen des Albums Data De Groove 1990 wenig erfolgreich dem Ende zuneigte, gleichzeitig aber noch die Veröffentlichung dieser Live-Aufnahmen ausstand, machte es nachvollziehbar keinen Sinn mehr, ein Live-Album einer Tour zu verkaufen, die vor fünf Jahren stattgefunden hat. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass Falco zu dieser Zeit am kommerziellen Tiefpunkt seiner Karriere angelangt war. Schlussendlich macht Warner Music den Vorschlag, statt der Live-Aufnahmen von 1986 ein Album mit neu angefertigten Remixen von Falcos Hits zu veröffentlichen, 1991 entstand aus dieser Idee die LP The Remix Hit Collection. Erst Falcos Tod und die dadurch neu entstandene Nachfragen nach Produkten holte die Aufnahmen (wenngleich leider nur in Auszügen) aus den Archiven.

Ebenfalls verwunderlich ist, warum Falco und sein Management nicht die Konzerte in Japans Hauptstadt Tokio im Dezember 1986 sowohl in Ton als auch in Bild aufzeichnen ließ. Schließlich waren diese Auftritte extrem prestigeträchtig und wären auch imagetechnisch weltweit gut vermarktbar gewesen. Sicherlich „Falco live in Berlin 1986“ klingt nicht schlecht, aber im Vergleich zu „Falco live in Tokio, Japan 1986“ wesentlich weniger international. Falco war zum damaligen Zeitpunkt für die Dauer von ein paar Monaten ein Superstar, der auf dem gesamten Globus bekannt war, eine Veröffentlichung mit einer solchen Headline hätte auf der ganzen Welt Interesse hervorgerufen. Aber anscheinend war die Akustik in der NHK-Hall in Tokio nicht gerade die beste und wahrscheinlich wären auch die Kosten für gut verwertbare Aufnahmen exorbitant gewesen. Nichtsdestotrotz scheint es wie eine verpasste Gelegenheit, Falcos Status in der Popwelt durch den Release eines dieser Konzerte sowohl auf Ton- wie auch auf Videoträgern einen internationalen Anstrich zu geben.

Was auch immer Warner Music 1999 dazu bewogen hat, nur 13 der insgesamt 22 auf dem Berliner Konzert gespielten Songs zu veröffentlichen, 2023 wurde dieses Versäumnis gutgemacht und der Auftritt marketingtechnisch als "einzige Aufnahme eines vollständigen Falco-Konzerts" beworben. Dies ist insofern nicht falsch, weil Falcos Konzert 1982 bei der Popkrone lediglich 6 Tracks umfasste und die Aufnahme vom Donauinselfest 1993 lediglich eine reduzierte Setliste wiederspiegelt (aufgrund der Tatsache, dass der Auftritt im Rahmen eines Festivals erfolgte und natürlich auch weil zu Ende des Gigs ein Blitz die Bühnentechnik lahmlegte). Auch das Symphonic-Konzert von 1994 ist aufgrund seiner Produktionsumstände wenig bis gar nicht authentisch und kann daher nur mit viel Bauchweh als echtes Live-Konzert gewertet werden. Als zusätzlicher Faktor kommt hinzu, dass das Berliner 1986-Konzert das einzige ist, welches mit professionellem Equipment aufgenommen wurde.

Es ist auch interessant, dass Warner Music nach der Erstveröffentlichung 1999 die Aufnahmebänder nicht mehr lokalisieren konnte. Erst nach einer langen und intensiven Suche fand sich der Mitschnitt in den Boogie Park Studios in Hamburg – dem Studio, in dem das Live-Album rund ein Vierteljahrhundert zuvor erstmals abgemischt wurde. Manchmal liegt das Gute so nahe…

Bei der Wiederveröffentlichung 2023 wurde auch das Cover-Artwork (geringfügig) optimiert. Dieses wurde 1999 sehr billig-schäbig gestaltet und wirkt alles andere als wertig. So wurde auf dem Frontcover ein Photo Falcos von der Emotional-Tour 1986 verwendet, dieses ist nicht das Problem, der Rest der Gestaltung wirkt aber nicht auch nur annähernd so gelungen. Über dem Photo ist mit einer extrem langweiligen Typographie der Name des Künstlers abgebildet, der Eindruck eines Ramschwarenprodukts wird aber durch die Anführung einiger auf dem Album befindlicher Songtitel (der größten Falco-Hits) erreicht. Die Cover-Rückseite wiederholt dieses Design, hier wird lediglich alles in einen roten Farbton getaucht und leicht ausgeschnitten dargestellt. Auch das Booklet ist im gleichen Stil angefertigt worden und bietet keinen Mehrwert. Da das Album 1999 zu einem normalen Vollpreis verkauft worden ist, muss man annehmen, dass das Artwork nicht bewusst so billig und niederwertig gestaltet worden ist, sondern dass hier einfach graphisches Unvermögen am Werk war. Schade, so wurde eine Veröffentlichung, die an sich schon nicht perfekt war, durch die Gestaltung des Covers noch weiter abgewertet.

Beim Re-Release 2023 wurde das Photo beibehalten, das Artwork und auch die Schriftart und die graphische Gestaltung wirken nun aber deutlich aufgeräumter und durchaus ansprechender gestaltet. Einen Preis wird das Design nach wie vor keinen gewinnen, es stellt aber sicherlich eine Verbesserung dar. Bei der neuen Version des Albums inkludiert das Booklet nun sogar Liner Notes und zusätzliche Photos von Falco (diese sind aber nicht vom Berliner, sondern vom Frankfurter Konzert dieser Tour). Auch sind die Song-Credits nun wesentlich informativer und lesefreundlicher gestaltet.

Die achtlose Art und Weise, in der dieses Album im November 1999 auf den Markt gebracht wurde, hatte zur Folge, dass sich die LP lediglich in Österreich in den Charts platzierte, über eine bescheidene Bestpositionierung auf Rang #34 kam sie aber auch nicht hinaus. Die vollständige Wiederveröffentlichungsversion von 2023 platzierte sich wesentlich besser, sie kam auf #19 der österreichischen und auf #70 der deutschen Album-Hitparade.

Veröffentlicht wurde der Longplayer im Format CD und Musikkassette, 2023 wurde für die 2CD-Version ein schickes Digipack verwendet. Die nette Idee, das Album auch auf Vinyl wiederzuveröffentlichen, wurde leider nicht realisiert.

2008 und 2012 wurde das Album in einer 2-in-1-Box gemeinsam mit Emotional verkauft, eine gute Idee, schließlich stammen die Aufnahmen zu beiden LPs aus dem Jahr 1986, das Konzert fand ja im Rahmen der Tournee zu dieser Platte statt.

Die Presse reagierte 1999 kaum auf das Album, wohl auch, weil es seit Falcos Tod bereits unzählige andere Falco-Veröffentlichungen gegeben hatte (neben Out Of The Dark (Into The Light) auch das kompilierte Album Verdammt Wir Leben Noch und diverse Best-Of-Alben) und wahrscheinlich auch aufgrund der nicht wirklich hochwertigen Aufmachung und der Tatsache, dass das Konzert nur in Auszügen veröffentlicht wurde. Das Libro-Magazin fragt sich: „Würde er das wohl gutheißen? Okay, dem Album muss man zugutehalten, dass es noch nie ein Live-Album von Falco gegeben hat. Aber hat das nicht seinen guten Grund? Falco wird schon gewusst haben, warum er das zu seinen Lebzeiten nicht wollte. Songmäßig gibt’s natürlich alle Hits. Das Plus: obwohl man vom Publikum nicht viel hört, kann man die Spannung spüren, die ein Falco-Gig hatte – damals, als der Wiener auf dem Höhepunkt seiner Karriere war. Nostalgie macht Moneten“.

Im Chelsea Chronicle kommt das Album besser weg: „(Die Platte) belegt auf eindrucksvolle Weise erstens welche fantastische Band der Falke damals hatte und zweitens wie gut seine Hits erst in den Live-Versionen kamen. Ein geiler Gig einer tollen Band und Falco selbst ebenfalls in Bestform. Eigentlich gehen die vielen Falco-Veröffentlichungen der letzten Zeit ziemlich auf die Nerven, aber um dieses sensationelle Live-Album wäre es ewig schade gewesen. Wenn nur alles so gut wäre, wie diese Live-CD“.

Das Live-Album mit der Aufzeichnung des Berliner Auftritts im Rahmen von Falcos Emotional-Tournee 1986 ist tatsächlich ein faszinierendes Tondokument:  es ist das einzige Falco-Konzert das hochprofessionell und mit einer vollständigen Setlist aufgenommen wurde. Auch befand sich Falco am Höhepunkt seiner Karriere und die große Publikumsmenge garantierte eine tolle Atmosphäre und Stimmung in der Halle. Darüber hinaus spielte Falco mit einer zehnköpfigen Band und auch klangtechnisch wurde mit einem ansprechenden Budget gearbeitet.

Nachdem Falco-Fans 24 Jahre auf die vollständige und chronologisch richtige Veröffentlichung dieser Aufnahme warten mussten, sind die Bemühungen 2023 von Warner Music zu würdigen: Der Release war durch das neue Abmischen und das neue Remastering aller Tracks sicherlich finanziell höchstens ein Nullsummenspiel. Vor diesem Hintergrund ist auch verschmerzbar, dass auch beim Re-Release das Cover-Artwork nicht über schlichtes Mittelmaß hinauskommt. Leider erfüllt auch in musikalischer Hinsicht das neue Remastering nicht alle Erwartungen: Der Sound klingt immer noch sehr flach, die Abmischung ohne Originalsamples und mit teils falscher Fokussierung auf die Lead-Stimme fallen negativ auf. Positiv ist jedoch das neugestaltete Booklet zu bewerten, welches mit informativen Liner Notes über die Tournee und das Konzert aufwartet. Auch der Umstand, dass Jeanny nun in der ungeschnittenen Version vorliegt, stimmt versöhnlich. Nachdem dieses Live-Dokument zunächst aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht 1987 veröffentlich wurde, dann später verständlicherweise nicht mehr zu Falcos Lebzeiten auf den Markt kam und posthum lediglich zerstückelt und mit falscher Songabfolge erhältlich war, schließt sich mit der Neuveröffentlichung 2023 mit allen 22 Songs schließlich 37 Jahre nach dem Konzert (!) endlich der Kreis.

Beteiligte

Band:
Bass: Robert Pistracher
Drums: Curt Cress
Guitar: Helmut Bibl, Peter Vieweger (Bandleader)
Keyboards: Thomas Rabitsch, Wolfgang Brezina
Saxophone: Othmar Klein
Trumpet, Percussion: Bernhard Rabitsch
Backing Vocals: Anke Wendland, Jocelyn B. Smith

Produced by Rob & Ferdi Bolland
Recorded on location October 27th, 1986 in Berlin Eissporthalle by Rob & Ferdi Bolland and Dierks Mobile Studio
Mixed by Graham Laybourne at Boogie Park Studios Hamburg during September 1999.
All digital & analogue synchronisation by C-Lab "Time Machine"
Mastering by Achim Kruse
Songs 1, 2, 4, 7 and 13: original Bolland Studio samples edited for live concerts by Rob & Ferdi Bolland.
Photo: Herbert Kühn

The Complete Show (2023):
Mixed by Leon Christen at Boogie Park Studios, Hamburg
Restauration and Pre-Production by Dominik Haller
Mastered by Alex Henke at Skill Music
Artwork by KommuneArt
Liner Notes by Michael Rager

Tracklisting 1999 Edition

  1. The Sound Of Musik (Live) 5:20
  2. Jeanny (Live) 6:32
  3. Der Kommissar (Live) 5:03
  4. Emotional (Live) 5:20
  5. Junge Roemer (Live) 4:40
  6. Auf Der Flucht (Live) 4:00
  7. Coming Home (Jeanny Part 2, Ein Jahr Danach) (Live) 5:14
  8. Hoch Wie Nie (Live) 4:32
  9. Ganz Wien (Live) 4:58
  10. Vienna Calling (Live) 4:41
  11. Helden Von Heute (Live) 4:27
  12. It’s All Over Now, Baby Blue (Live) 7:23
  13. Rock Me Amadeus (Live) 6:04