Studio Album

Nachtflug

September 1992
EMI Electrola GmbH
Charts: #1 AUT, #73 GER

Single-Auskoppelungen

Über das Album

Ende 1991 standen die beruflichen Vorzeichen für Falco so schlecht wie nie – ein Satz, der zu diesem Zeitpunkt bereits für die Produktion der zwei vorangegangenen Alben (Data De Groove, The Remix Hit Collection) gültig gewesen war und der einen unerfreulichen Trend erkennen ließ: Der Status Falcos war zumindest in kommerzieller Hinsicht in einem dramatischen Sinkflug begriffen, immer weniger Fans interessierten sich für ihn oder für seine Musik. Falco war die dramatische Lage seiner Karriere durchaus bewusst, er schrieb zu diesem Zeitpunkt einen langen Text, eine Art Absichtserklärung, seine „general ideological instructions“, in dem er die strategische Marschrichtung der nächsten Jahre unter dem Motto „Zurück in die Zukunft“ festhielt.

In dieser schwierigen Situation kam erschwerend hinzu, dass Falcos Plattenvertrag mit Teldec nach der Veröffentlichung des Albums The Remix Hit Collection ausgelaufen war. Falco befand sich damit in einer sehr nachteiligen Lage, er musste am kommerziellen Tiefpunkt seiner Karriere einen neuen Vertrag an Land ziehen. Während er 1985/86 nach dem Riesenerfolg von Falco 3 und der daraus ausgekoppelten Singles Rock Me Amadeus, Vienna Calling und Jeanny unter den Angeboten auswählen und bei der bestbietenden Plattenfirma mit lukrativen Konditionen unterschreiben konnte, stellte sich die Lage nun diametral gegenteilig dar. Sein bisheriger Vertragspartner Teldec war nach den Flops der letzten Alben nicht mehr wirklich an einer Zusammenarbeit interessiert und machte lediglich ein Angebot im Rahmen einer einzigen LP. Auch die anderen Labels boten nicht wirklich attraktive Deals an, lediglich EMI Electrola (bei der Thomas Stein und Helmut Fest, beide bekennende Falco-Fans, am Ruder waren) machte ein respektables Offert: der Vertrag garantierte drei Alben, zwei weitere als Option, zudem wurden gute Budgets für Promotion und Produktion in Aussicht gestellt.

Nachdem die vertraglichen Konditionen den Umständen entsprechend gut geklärt waren, begann Mitte 1991 unter den erwähnt widrigen Bedingungen die Suche nach einem Produzenten. Zunächst wollte Falco wieder mal den in den USA lebenden österreichischen Produzenten Peter Wolf (Falco in einem Interview Anfang 1991: „Er wird mein neuer Produzent. Ich werde vier Monate nach Los Angeles ziehen um das Album mit ihm einzuspielen. Die Musik wird sehr groovig, alles tanzbar, alles schwarz und von den Texten ausschließlich das altbewährte Thema zwischen Mann und Frau abdecken“). Aus dieser Zusammenarbeit wurde nichts, die danach vorgeschlagenen Partner (Peter Vieweger, Thomas Rabitsch, Mal Luker, Frank Farian, Giorgio Moroder) waren alle nicht nach Falcos Geschmack, er favorisierte nun (trotz des Flops mit Data De Groove) Robert Ponger, mit ihm wollte er auch das nächste Album realisieren. Da es aber von Seiten der Plattenfirma großen kommerziellen Druck gab, konnte sich Falco mit seinem Wunschkandidaten Ponger nachvollziehbar nicht durchsetzen. Gleichzeitig wurde mit EMI vereinbart, dass die erste LP im Rahmen des neuen Vertrags erst Ende 1992 erscheinen soll, auch um Falco Zeit zu geben und keinen zusätzlichen Stress aufzubauen.

Nachdem sein Wunschproduzent Robert Ponger abgelehnt wurde, hatte Falco während eines Aufenthalts in Los Angeles mit dem österreichischen Komponisten Harald Kloser (und dessen musikalischen Partner Thomas Schobel) zwei Songs aufgenommen (Monarchy Now und Nachtflug). Warum aus dieser Zusammenarbeit letztlich nicht mehr wurde, ist unbekannt. Beide Titel sind durchaus gut gelungen, sie verbinden Falco-typische Bausteine mit neuen Elementen (nicht umsonst ist Harald Kloser hauptsächlich als Autor von Filmmusik bekannt). Gerüchteweise wurden bei diesen Sessions noch weitere Songs aufgenommen, sollten diese wirklich existieren, liegen sie in irgendeiner Schublade in Los Angeles. Übrigens: Harald Kloser war damals mit Désirée Nosbusch verheiratet, Falcos Duettpartnerin bei der Single Kann Es Liebe Sein?

Und so kam es, dass Falco schlussendlich die Bollands als Produzenten seines nächsten Albums favorisierte. Da er es sich mit dem Brüderpaar jedoch während der Aufnahmen zur LP Wiener Blut verscherzt hatte, musste er nun den Canossagang nach Holland antreten. Falco hatte zunächst einen langen Brief an die Bollands geschrieben und diesen gemeinsam mit einem Poster des Mozart-Festivals im New Yorker Lincoln Center, auf das er „Dear Rob and Ferdi, a No.1 in the US can never be a dead-end street“ geschrieben hatte, nach Holland geschickt. Nachdem seine ehemaligen Produzenten auf diese Sendung aus Wien zunächst nicht reagiert hatten, erklärten sie sich schließlich (nach Intervention von Horst Bork, Falcos Manager) zu einem Treffen in den Niederlanden bereit. Bei diesem Gespräch wurden zuerst das Vorgefallene und die Probleme in der Vergangenheit besprochen, danach aber auch gleich Pläne und Ideen für eine neuerliche Zusammenarbeit geschmiedet. Dabei sollte auf das altbewährte Rezept zurückgegriffen werden, dass die Bollands sowohl Musik als auch Textvorschläge liefern und Falco diese dann weiterbearbeitet. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Songs, die Falco bereits im Vorfeld mit dem österreichischen Komponisten Harald Kloser in Los Angeles erarbeitet hatte (Monarchy Now, Nachtflug), ebenfalls von den Bollands produziert werden sollten. Auch wurde fixiert, dass das Album nach einem dieser beiden Kloser-Songs (Nachtflug) benannt wird, dies war ein ausdrücklicher Wunsch Falcos, den die Bollands akzeptierten. Dabei muss festgestellt werden, dass die Zusammenarbeit von Falco mit den Bollands auch diesmal eine reine Zweckgemeinschaft oder (wie es Horst Bork in seinem Buch formuliert) eher eine Vernunftehe als eine Liebesheirat war.

Unter diesen Vorzeichen begann die Arbeit an Falcos siebtem Album, niemand konnte damals erahnen, dass es die letzte LP werden würde, die Falco zu Lebzeiten veröffentlicht.

Nach den Misserfolgen mit seinen letzten Alben und vor dem Hintergrund der Kritik, dass die Texte bei der letzten LP sehr abgehoben, unverständlich und introvertiert waren, hatte Falco für sein neues Album eine konservative Rückbesinnung auf alte Werte ausgegeben: „Es wird keine leeren, nichtssagenden Texte wie bei Data De Groove mehr geben, Falco ist wieder so frech wie zu seinen besten Zeiten. Ich bin wieder der alte. Es hat beim klassischen Falco nichts zu verändern gegeben. Mit 30 hat er geglaubt, er müsste sich verändern. Das hat er deshalb gemacht, weil es für ihn keinen Preis mehr zu gewinnen gab. Ich hab‘ alles erreicht, was man in diesem Geschäft erreichen kann. Als Dollar-Millionär bin ich völlig abgehoben. Die Musik gab mir nichts mehr. Ich hab‘ geglaubt, ich muss mich verändern. Irrtum! Falco hat bei seiner siebten LP endlich eine gewisse Stilsicherheit gefunden. Falco ist ein Journalist! Wäre Data De Groove nicht so ein Flop geworden, wäre das neue Album nicht so gut. Ich bin eine Größe, an der niemand vorbeikommt. Was ich gemacht habe, ist Geschichte“. Es ist das erste Mal, dass Falco derart retrospektiv auf seine bisherige Karriere zurückblickt, auch das ein Zeichen, dass der Fokus hier eher auf Bewahrung und nicht auf Veränderung und Erneuerung liegt.

Diesen konservativen Zugang, der auf Nummer sicher geht, sieht auch Ewa Mazierska in ihrem Buch: „After this terrible flop with Data De Groove, Falco tried to play it safe on his next record, again produced by the Bollands. Being the first album for a new record company, the album is very conservative, trying nothing new“. Falco selbst dürfte das sehr wohl bewusst gewesen sein, obgleich er in Interviews auch weiterhin die Rolle des provokanten Outlaws einnimmt: „Mein Ruf in der Branche geht natürlich von „sehr, sehr schwierig“ bis hin zu „absolute, definite asshole“ – und diesen Ruf gilt es mit allen Mitteln zu verteidigen. Denn ich bin ein Unangepasster in einem angepassten Geschäft“.

In einem anderen Interview meinte er: „Mein neues Album ist sehr ideologisch, politisch, lebensanschaulich, ideell. Ich will wieder part of the game sein. Wenn man solche fucking years hinter sich hat, ist alles was du machst, ein Comeback-Versuch. Mit dem Wechsel der Industrie-Company soll ein neues Kapitel beginnen. Die Leute sagten zu Recht: Er macht mit schlafwandlerischer Zielsicherheit, was wir nicht von ihm haben wollen. Er versteigt sich in eine Kunstsprache, die wir nicht brauchen. Wir wollen ihn zynisch, journalistisch, reduzierend, sarkastisch, scharf, kritisch. Am klassischen Falco von früher war ja eigentlich nicht so viel zu verändern. Ich werde unter Garantie, und mit mir meine Industrie- und Medienpartner, mit der neuen Platte wesentlich besser leben können als den drei Alben zuletzt. Die LP ist „back to the roots“, in einem härteren Stil, mit mehr Gitarren und Dancefloor-Drums, dennoch eine typische Falco-LP. Es ist ein Lebenszeichen, ein Album mit einem Hit, kein Konzeptalbum, das wollen die Leute von mir nicht. Die vorliegende LP knüpft auf jeden Fall an Einzelhaft und Falco 3 an, sie liegt ungefähr groove-mäßig da dazwischen“.

Falco war sich also durchaus bewusst, dass er sich auf seinem neuen Album keine Experimente wie auf Data De Groove oder auch mit den missglückten Mende/Derouge-Songs auf Wiener Blut mehr leisten konnte. Das erklärt sicher auch seine Rückkehr zu den Bollands, die ja doch wie niemand sonst für den typischen Falco-Sound stehen. Vor der Presse erklärte Falco diese neuerliche Kooperation mit den beiden Holländern so: „Die Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit den Bollands ergab sich, weil sich nicht die Frage stellt „Warum wieder mit den Bollands?“, sondern „Warum je zuvor weg von den Bollands?“ Es war eher eine Niederlage von den Bollands wegzugehen. Die Bollands sind sensible Musiker und keine Disco-Fuzzis.“

Unter diesen Voraussetzungen verlief die Produktion des Albums für Falcos Verhältnisse erstaunlich diszipliniert, Horst Bork erzählt in seinem Buch jedoch auch von Rückfällen im Studio, wo Falco betrunken mit einer Flasche Whiskey im Aufnahmestudio aufgetaucht ist. Die Bollands scheinen diese Eskapaden jedoch ohnehin erwartet zu haben und so konnte die Produktion vergleichsweise schnell und unkompliziert abgeschlossen werden. Die LP war weit vor dem vereinbarten Termin fertiggestellt, im April 1992 wurden die Bänder der Plattenfirma übergeben.

Nicht zuletzt wegen der relativ entspannten Situation im Studio und der raschen Produktion des Albums (mit einem Abgabetermin weit vor dem Zeitplan seiner neuen Plattenfirma) gab es im Rahmen der Aufnahmen auch noch Platz und Zeit für eine weitere Zusammenarbeit von Falco mit den Bollands: so bastelten die beiden Brüder gleichzeitig auch an einer Solo-Platte, einem Konzeptalbum über den britischen Naturforscher Charles Darwin. Auf dieser LP versammelten die Bollands zahlreiche Gastsänger (Ian Gillan, Colin Bluntstone, Suzi Quatro, Peter Hofmann) und auch Falco lieh zwei dieser Tribute-Songs seine Stimme (Genie und Partisan (A Fascinating Man) und Metamorphic Rocks).

Der musikalische Stil kann dabei durchaus als eklektisch bezeichnet werden: niemals zuvor hat Falco auf einem Album so viele verschiedene Musikgenres bedient – neben einem Tango (Dance Mephisto), Salsa (Propaganda) und Reggae (Yah-Vibration) umfasst das Album auch Balladen (Cadillac Hotel), sowie diverse Arten des herkömmlichen Popsongs. Es scheint, es wollte Falco hier unter dem Motto „Cover all bases“ möglichst viele Geschmäcker bedienen. Gleichzeitig fällt aber auch auf, dass einige Songs in der Struktur und auch im Sound sehr ähnlich sind: so unterscheiden sich etwa Psychos, S.C.A.N.D.A.L. und Time lediglich durch die abweichenden Refrains, die gerappten Strophen hingegen wirken austauschbar und ohne hohen Wiedererkennungswert.

Darüber hinaus fällt auf, dass bei dieser LP die Bollands bei einigen Songs sehr prominent im Refrain zu hören sind: bei Cadillac Hotel, Time, S.C.A.N.D.A.L. und auch bei Psychos übernehmen sie teilweise die Hauptstimme. Nicht, dass das nicht bereits auch in der Vergangenheit bei einigen Songs so war, aber derart in den Vordergrund gemischt, hinterlässt dies ein seltsames Gefühl, als würde Falco als Gast auf Bolland-Songs singen.

Falco selbst meinte zum musikalischen Stil dieser LP: „Das ist jetzt mein siebentes Album und ich bin das erste Mal stilsicher, denn ich habe keinen. Ich habe meinen journalistischen Stil der bissigen Ansage, des Reduzierens, des Aufschreibens, aber musikalisch kann ich mich jedem Stil anpassen. Ich weiß mittlerweile ziemlich genau, was die Leute von mir wollen“. Diese Aussage wird mit den mannigfaltigen Musikgenres, aus denen sich die Songs des Albums bedienen, bewiesen – rund drei Jahre später wird Falco dann mit diversen Songs (Mutter, Der Mann Mit Dem Koks Ist Da, Naked, Cyberlove) noch weiter in Richtung dieser grenzenlosen musikalischen Anpassungsfähigkeit gehen.

Interessant ist ein Interview Falcos mit dem deutschen Musikmagazin Fachblatt den Songwriting-Prozess mit den Bollands im Rahmen dieses Albums beschreibt: „Ich gebe immer Vorlagen rein, etwa: Hier ist der Text, es soll uptime sein mit einem dancefloor-mäßigen Schlagzeug. Ich möchte eine Bridge, die aufreißt und einen Refrain, der kommerziell ist ohne kitschig zu sein. Dann sag ich: bei Ric Ocasek habe ich diesen Sound gehört, bei KLF jenen und bei Was-weiß-ich-wem jene Gitarre. So entstehen nach und nach die Titel. Du machst solange Albumtitel, bis du eine Single hast“.

Nachdem Falco bereits auf dem Vorgängeralbum Data De Groove (obgleich mit Hilfe von Gerd Plez) wieder sämtliche Texte selbst geschrieben hatte, ist bei Falcos siebten Album zu bemerken, dass er sich auch in der Zusammenarbeit mit den Bollands wieder vermehrt einbringt. Zwar sind die meisten Songtexte auf der LP nach Ideen und Vorschlägen der beiden Holländer entstanden, jedoch gibt es erstmals seit Falco 3 wieder Bolland-Songs, bei denen Falco die Lyrics alleine geschrieben hat (Titanic, Psychos). Horst Bork merkt in seinem Buch jedoch an, dass Falco hier die Hilfe von Gerd Plez in Anspruch nahm und auch während der Aufnahmen mit den Bollands die Rückfälle (Alkohol, Nichterscheinen) auf die Schwierigkeiten Falcos mit der Texterstellung zurückzuführen waren. Die Texte der beiden Kloser-Nummern (Monarchy Now und Nachtflug) wurden dagegen höchstwahrscheinlich von Falco selbst und alleine verfasst.

Die Texte sind nach den schwer zugänglichen Lyrics auf dem Album Data De Groove eindeutig weniger kryptisch, vor allem die Single-Auskopplungen (allen voran Titanic, aber auch Dance Mephisto und auch Nachtflug und Monarchy Now) wurden wohl bewusst in einer leicht verständlichen Art geschrieben. Auch Yah-Vibration und S.C.A.N.D.A.L. fallen in diese Kategorie. Gleichzeitig weisen andere Songs wie Cadillac Hotel oder auch Time nach wie vor Texte auf, die mehr einer Laut- und Wortspielerei als einem kohärenten Erzählstrang folgen.

Der Umstand, dass nicht alle Songs von den Bollands geschrieben wurden, ist nicht hörbar. Zwar sind die beiden Nummern, die Falco mit Harald Kloser und Thomas Schobel aufgenommen hat (Monarchy Now und Nachtflug), deutlicher melodiöser und haben einen eigenen Rhythmus, aber durch die Entscheidung, die Bollands auch diese beiden Tracks produzieren zu lassen, klingt die LP dennoch sehr homogen und wie aus einem Guss. Natürlich sind die Bolland-Songs bombastischer, härter und opulenter arrangiert und die beiden Kloser-Nummern subtiler, eleganter und feiner, doch wenn man sich das Album in einem Stück anhört, wird man auf diese Unterschiede nicht zwangsläufig aufmerksam.

Ich habe an anderer Stelle bereits darauf aufmerksam gemacht, dass das Album einerseits sehr viele unterschiedliche Musikstile bedient, andererseits aber drei Songs doch recht ähnlich und austauschbar erscheinen (Psychos, S.C.A.N.D.A.L. und Time). Diese zwei Tatsachen lassen die LP einerseits ein bisschen zu gezwungen divers, andererseits gleichzeitig etwas monoton wirken. Eine seltsame Mischung, gepaart mit der recht konservativen und eher rückwärtsgewandten Ausrichtung kommt zwar sicher die beste Mischung aus Kommerzialität und Authentizität seit Emotional zustande, ein richtiger Befreiungsschlag, der die musikalische Zukunft Falcos in den 1990er Jahren vorgibt, ist dieses Album jedoch nicht.

Thematisch geht es auch auf dieser LP wieder rund: Falco singt über die Dekadenz (Titanic), wieder mal über die Monarchie (Monarchy Now), über neonazistische Entwicklungen (Dance Mephisto) und belebt sein ewiges Helden Von Heute-Thema neu (Psychos). Daneben nimmt er die (scheinheilige) Skandalisierung der Medien und der Gesellschaft ins Visier (S.C.A.N.D.A.L.) und thematisiert drogenschweren Hedonismus in der Karibik (Yah-Vibration). Zu guter Letzt kommen auch noch der Kommunismus in Kuba (Propaganda), die Vergänglichkeit der Zeit (Time) sowie das klassische Thema Mann/Frau (Nachtflug, Cadillac Hotel) in den Fokus.

Ewa Mazierska glaubt in ihrem Buch darüber hinaus auch noch andere Motive in den Songs des Albums zu erkennen: „It‘s about the decline of Western music and culture and the artist’s escape from the west. The first three songs take us to the West’s past, the next two tracks are rooted in the present-day West. The second part oft he record offers a sample of different Eastern musical styles, Reggae in Yah-Vibration and Samba in Propaganda. The final part, consisting of Time, Cadillac Hotel and Nachtflug expresses nostalgia for what was lost or left in the West“. Persönlich halte ich diese Interpretation, wie so vieles in Mazierskas Buch, für ein bisschen weit hergeholt und kaum nachvollziehbar.

Das Photo, das auf dem Frontcover verwendet wird, ist sicherlich eines der ungewöhnlichsten in Falcos Karriere. Es ist kein normales Photo des Künstlers, sondern Falco wird hier extrem stilisiert dargestellt: Vor einem dunklen Hintergrund und von Kunstnebel umweht, steht Falco, mit weit ausgebreiteten Armen, in einem schwarzen, bis zum Boden reichenden Umhang im Zentrum des Bildes. Sein Gesichtsausdruck ist ernst, die Haare sind streng nach hinten gegelt. Am unteren Rand des Bildes wurden künstlich am Computer Wasserwellen hinzugefügt (diese Gestaltungsidee wurde auch am Cover der Single Titanic verwendet). Der Umhang, den Falco trägt, ist aus dem Videoclip zu Tut-Ench-Amon (Tutankhamen) bekannt, anscheinend hat Falco dieses Kleidungsstück jahrelang aufgehoben. Angedeutet werden soll durch diesen Umhang wohl der titelgebende Nachtflug, der Umhang soll wahrscheinlich auf Flügel anspielen. Das Photo wirkt seltsam und übertrieben dramatisch, die sehr groß gestalteten Buchstaben mit Falcos Namen (rot mit weißer Umrandung) sowie der Albumtitel (kleiner und in schlichtem weiß), fügen weitere Bombastebenen hinzu. Umrandet ist das Photo am Cover mit einem weißen Rahmen, dies verleiht dem Design einen eleganten Flair.

Horst Bork bezeichnete in seinem Buch das Cover als Sujet wie „Batman ohne Helm“, die deutsche Jugendzeitschrift Bravo bezeichnet Falco als „Dracula von Wien“.

Heutzutage erinnert das Coverphoto spontan an die Dutzenden Superhelden-Franchises von Marvel oder DC. Die pathetische und bombastische Aufmachung Falcos, gepaart mit dem digitalen Hinzufügen von Wasser und Nebel könnte problemlos die Darstellung des fiktiven Superhelden „Falcon-Man“ sein, dieser würde sich in einer solchen Aufmachung gut einfügen in eine Reihe mit seinen Kollegen Spider-Man, Superman, Aquaman, Ant-Man etc. Damals, anno 1992, als sich die Popwelt im Sog des Erfolgs von Bands wie Nirvana eher in Richtung einer neuen Einfachheit und Authentizität mit Holzfällerhemden und Turnschuhen bewegte, erschien das Cover von Falcos siebtem Album umso mehr aus dem Rahmen gefallen.

Anfang der 1990er Jahre war auch das Zeitalter eines Formatkrieges hinsichtlich der Tonträgertechnologie. Und so ist dieses Album auch die Falco-LP, die auf den meisten Formaten erschienen ist: neben den üblichen CD-, Vinyl- und MC-Formaten wurde es (jedoch erst rund ein halbes Jahr später, Anfang 1993) auch auf dem damals neuen DCC-Format veröffentlicht. Diese Digital Compact Disc sollte eine Alternative zur analogen Musikkassette darstellen, setzte sich jedoch am Markt nicht durch, die Produktion wurde 1996 weltweit eingestellt. Nicht zuletzt deswegen, stellt die DCC-Version des Albums heute eine Rarität dar und wechselt in Fankreisen um hohe Preise den Besitzer.

Wenn man bedenkt, dass Falco mit den Aufnahmen zu diesem Album lange vor dem geplanten Abgabeschluss fertig war, dann erstaunt es, dass viele Fehler beziehungsweise Unstimmigkeiten hinsichtlich der Cover-Gestaltung auf den verschiedenen Versionen vorliegen: so wurde auf der CD- und auf der Vinyl-Ausgabe die Reihenfolge der Songs am Cover falsch gedruckt: statt Yah-Vibration wurde Propaganda als sechster Song angegeben. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Schreibweisen von Songs (Psycho’s statt Psychos, Jah Vibration statt Yah-Vibration), falsche Laufzeiten (3:56 statt 3:36 Minuten bei Titanic) und eine Nummer wird sogar von Version zu Version völlig anders geschrieben (Skandal beziehungsweise S.K.A.N.D.A.L. statt S.C.A.N.D.A.L.). Erst auf der 2012 erschienenen 2CD-Deluxe-Version des Albums wurde hier für all diese Fehler eine Korrektur durchgeführt beziehungsweise eine einheitliche Schreibweise durchgezogen.

Während 2012 die Deluxe-Edition der CD-Version lediglich geringfügig im Coverdesign angepasst wurde, erschien die 2017 wiederveröffentlichte Vinyl-Version mit in den Details doch merklich veränderter Aufmachung. Warum das originale 1992-Design für diese Neuauflage verändert wurde, ist nicht bekannt, nötig wäre es nicht gewesen, die neue Version ist uneleganter und wirkt wie ein graphischer Schnellschuss.

Eine weitere abweichende Covergestaltung findet man auf der 1997 in den Niederlanden erschienenen CD-Fassung. Bei dieser Budget-Veröffentlichung zum billigen Preis wurde statt des herkömmlichen Covers ein Pressephoto von Falco bei einem TV-Auftritt verwendet. Das Ganze macht einen extrem (und bewusst gewollten?) billigen Eindruck.

Die Kritiken zu Falcos letztem zu Lebzeiten veröffentlichten Album waren durchaus wohlwollend. So meint das Magazin Wiener, dass „der angepasste Falco immer gefloppt hat. Diesmal hat Falco eine Platte für sich gemacht“. Auch der Musikexpress lobt das Album: „Der Kommissar ist wieder da. Sein siebentes Album präsentiert den greinenden Endzeit-Chronisten in bester Läster-Form. Zu einer von den Bolland-Brüdern pomadig glatt produzierten Melange aus Rap, Rock und Klassik knödelt Falco sarkastische Bemerkungen über die sinkende Titanic, über österreichische Kaiser und den guten, alten Mephisto. Im Wiener Caféhaus grassiert die Lust am Untergang.“ Gleichzeitig wird aber auch die Frage gestellt, wer denn Falco anno 1992 zwischen den Red Hot Chili Peppers, Nirvana, Guns N Roses und Metallica noch braucht. Falcos durchaus selbstironische Antwort auf diese Frage: „Na er sich!“

Das Fachmagazin Manual konstatiert: „Die erste Single (Titanic; Anm.) klingt nicht viel anders als das, was man (von Falco) schon kennt, der Song soll aber die Überleitung sein zum Rest der Platte, der beileibe nicht so oder sagen wir, nicht viel mit früher zu tun hat. Falco ist eine Mixtur aus Coolness, Präpotenz, Zynismus, Sarkasmus und gesundem Menschenverstand.“ Auch das McDonald’s-Magazin ist angetan und meint, dass die LP „ein gelungener Instinkt-Blindflug genau ins Ziel“ ist. Das deutsche Jugendmagazin Bravo war ebenfalls angetan: „Der Falco-Sound klingt nicht nach Gruft und schwarzer Nacht, vielmehr knüpft er an glorreiche Zeiten an“.

Falco war mit dem Album sehr zufrieden, er bezeichnete es als „die richtige Platte zum richtigen Zeitpunkt“. In einem anderen Interview bezeichnete er es als „Neubeginn, als Resümee der 80er, als eine eingegangene Konzession aufgrund der ersten LP bei einer neuen Plattenfirma.“ Im ORF sagt er: „Es sind zehn Titel drauf wo man nicht sagen kann ‚Das ist ein Hänger oder das ist eine Alibi-Nummer‘, jeder Titel ist ein Statement. Wir sind härter geworden, wir sind schneller geworden, wir sind zynischer geworden. Das Album ist die Quintessenz und das Resümee der letzten fünf Jahre“.

Nach Falcos Tod wird in der Presse auf die gute Qualität der LP eingegangen und auch auf die Tatsache, dass sie kommerziell dennoch keine großen Sprünge gemacht hat. Der Kurier meinte 1998: „Im Grund ein konservatives Falco-Album, vorsichtig modisch eingekleidet“. Im Libro Magazin wird das Album folgendermaßen zusammengefasst: „Kaum kehrt Falco zum Produzentenbrüderpaar Bolland&Bolland und zur Rock Me Amadeus-Formel zurück, schafft er wieder einen veritablen Hit. Und auch sonst versucht der Falke ein letztes Mal, an seine großen Zeiten und größten Hits anzuschließen. Das Resultat: typischer Falco, ein wenig verkrampft allerdings und zu sehr auf den Erfolg kalkuliert, der schließlich ausbleiben sollte“. Die Zeitung zitiert auch Falco: „Ich glaube, dass (das Album) schon ein würdiger Abschluss und Rückblick auf und auch ein Tribut an die letzten zehn Jahre war, denn die schlechtesten waren sie ja nicht“.

Zur 20th Anniversary Deluxe Edition anno 2012 schreibt der Musikexpress: „Durch Misserfolg gestählt, zynisch immer schon gewesen, aber nicht milde geworden, gab Falco 1992 den alternden Römer, Graf Dracula oder Dr. Joseph Goebbels. An Trivialmythen trug er zusammen: die Titanic, Mephisto, Rastaman Vibration, den Wendekreis des Krebses, Cadillac, Armani, die Monarchie sowieso. Noch einmal werfen die Bolland-Brüder in Holland die Effektmaschine an und Falco wienert und salbadert sich durch das bombastische Programm, das damals etwa so gut in die Pop-Flora passte wie „Das weiße Rössl“. Wie die Zeitgenossen diese anachronistische Bizarrerie wohl aufnahmen, fragt man sich – obwohl man selbst Zeitgenosse war. Er hatte halt keine Hits mehr. Aber er reimte noch immer ‚Insulaner bin i kana‘“.

2017, zu Falcos 60. Geburtstag, schreibt der Kurier: „Das kleine Comeback. Die reaktivierten Bollands geben Falco einen polierten Sehr-Spät-New-Wave-Sound, der aber (…) damals schon Retro und daher völlig in Ordnung durchging. Starke Songs aber nur ein kleines Comeback“. Der Falter sieht Falco auf diesem Album „ein letztes Mal in guter Form“ und die Oberösterreichischen Nachrichten meinen, dass Falcos letzte zu Lebzeiten veröffentlichte LP „unterschätzt wird. Dabei zeigen Lieder wie Titanic oder Dance Mephisto noch einmal Falcos große Klasse“. Eine Online-Plattenkritik-Website sah die Platte so: „Gezeichnet von den letzten Misserfolgen setzte man auf konservatives Material. Das Eingehen von Risiken war tabu. Stattdessen produzierte man massenkompatibles Hitparadengut (…). Falco tauchte zwar wieder in den Hitlisten auf, zufriedenstellen konnte er damit aber nur die kurzsichtige Schicht seiner Fangemeinde“.

Aus dem Album wurden vier Singles ausgekoppelt, Titanic , Dance Mephisto, Nachtflug und (lediglich als Promo-12“) Monarchy Now. Dabei wurde die Lead-Single Titanic bereits rund drei Monate vor dem Erscheinen des Albums veröffentlicht, quasi als Comeback-Appetizer. Ähnlich hatte das bereits 1985 bei Rock Me Amadeus und ein Jahr später bei The Sound Of Musik funktioniert.

Obwohl die Kritiken durchaus positiv waren, schaffte Falco mit seinem Erstlingsalbum für EMI Electrola lediglich in Österreich ein Comeback. Dort gingen die ersten beiden Singles (Titanic und Dance Mephisto) in die Charts und das Album gelangte sogar auf Platz 1 der Hitliste. In Deutschland hingegen floppte das Album, es platzierte sich lediglich drei Wochen in der Hitparade, seine beste Position war ein enttäuschender 73. Platz. Im Rest der Welt ging die LP ohne Resonanz unter oder wurde gar nicht erst auf den Markt gebracht. Es ist das erste und einzige zu Lebzeiten des Künstlers veröffentlichte Album, das nicht in den USA erschienen ist. Anfänglich gab es jedoch für das Album große Pläne, so dachte man zunächst an eine weltweite Publikation (bei der dann auch wohl die englischsprachige Version von Titanic verwendet worden wäre).

Ewa Mazierska fasst die Erfolge des Albums so zusammen; „(…) It was a far cry from his 1980s successes, sealing Falco’s fate as an icon of the 1980s rather than projecting a new image.“

Was bei diesen Chartplatzierungen sicher auch gesagt werden sollte: es hat den Anschein, als hätte Falcos neue Plattenfirma EMI Electrola, nach dem bescheidenen Erfolg der ersten Single resigniert: wurde Titanic noch mit großem Aufwand und Werbebudgets promotet (Videoclip, Veröffentlichung auf 7“, 12“, Promo-12“, DJ-12“), so wurden die darauffolgenden Singles (Dance Mephisto, Nachtflug und auch die Promo-12“ Monarchy Now) eher unterdurchschnittlich gut vermarket – zu keiner dieser Singles wurde ein Videoclip gedreht und auch die Formate wurden reduziert, die Single Nachtflug erschien dann nur noch auf CD, eine Vinyl-Veröffentlichung wurde gestrichen. Dass lediglich für Titanic ein Videoclip produziert wurde, ist dabei eine recht ungewöhnliche Tatsache, wenn man bedenkt, dass eine Single ohne eine solche visuelle Unterstützung keine Chance hatte, in den damaligen Musik-TV-Leitmedien VIVA oder MTV gespielt zu werden. Es scheint, als hätte EMI nach dem mäßigen Erfolg der ersten Single bereits das Interesse an Falco und seinem Album verloren.

Titanic war dabei sicherlich die kommerziellste und erfolgversprechendste Nummer aus der LP und als Comeback-Song geplant. Es war wohl der Plan, mit dieser Single das Falco-Comeback einzuläuten, nach dem nur mäßigen Erfolg war aber sowohl aus der folgenden Album- als auch aus den weiteren Single-Veröffentlichungen irgendwie die Luft heraussen. Dance Mephisto konnte sich nur in der österreichischen, Nachtflug in gar keinen Hitlisten mehr platzieren. Auch die anlässlich der Tournee 1993 von EMI Austria in Österreich herausgebrachte Promo-12“von Monarchy Now brachte es weder auf Radio-Airplay noch auf eine reguläre Veröffentlichung.

Und wieder mal muss man die Frage stellen, ob eine andere Single-Auswahl nicht besser gewesen wäre: Nach Titanic hätte es mit Monarchy Now oder auch mit Nachtflug sicher bessere Songs als Dance Mephisto gegeben.

Obwohl das Album sowohl in Österreich als auch in Deutschland nur unterdurchschnittlich erfolgreich war, dachte Falco bald nach Veröffentlichung des Albums über eine Tournee nach. Zwar hatte er 1992 in einigen Interviews diesen Live-Ideen eine klare Absage erteilt („Bin ich deppat?! Ich habe ein Problem: meine Platten sind mit 56 Spuren gemacht. Will ich das live umsetzen, habe ich täglich Fixkosten von einer halben Million Schilling. Bin ich ein Gewerkschafter für meine Musiker, oder was?! Ich bin meinen Fans verpflichtet, tausendprozentig, aber bitte nicht auf Kosten meiner Existenz. Wenn mich eine Tour fünf Millionen kosten, müsste ich ein Hirnschissler sein, wenn ich nochmals auf die Bühne gehe. Ich werde es nicht tun“), im gleichen Gespräch deutet er aber an, gern eine Club-Tour machen zu wollen. Wahrscheinlich hatte sich Falco die Lust aufs Live-Spielen bei einem Konzert im Wiener Metropol Anfang 1991 geholt.

Diskussionen über den Rahmen, den Umfang und die Größe einer solchen Tour führten übrigens 1993 zum Ende der Zusammenarbeit von Falco mit seinem langjährigen Manager Horst Bork: dieser beendete aufgrund der seiner Meinung nach fehlenden Selbstkritik, dem Selbstmitleid, der fehlenden Motivation und Einsicht beziehungsweise der Selbstüberschätzung seines Künstlers die langjährige Zusammenarbeit. Auch die schwierige Suche nach Produzenten, die aufwendige und nervenaufreibende Produktion von Alben und das grundsätzlich komplexe Verhalten Falcos dürften über Jahre hinweg den Ausschlag für diese Entscheidung Horst Borks gegeben haben.

Schlussendlich tourte Falco mit einer kleinen Band (inklusive Thomas Rabitsch und Tom Lang) im Sommer 1993 durch mehr oder weniger überschaubare Spielstätten in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Höhepunkt war sicherlich das im Juni durch den ORF aufgezeichnete (und später auf DVD und CD veröffentlichte) Gratiskonzert im Rahmen des Wiener Donauinselfestes.

Die Tour stand dabei laut Falco unter folgenden Vorzeichen: „Die Tournee soll keine Promotion für das Album (Nachtflug; Anm.) sein, das ist verkauft. Ich wollte eine Tournee spielen unter schlechtesten Vorzeichen, um einmal zu sehen, wo ich stehe. Ich wollte ohne Hit kommen und in eine Zeit hinein, die gar nicht so günstig ist. Ich denke, dass mir das anerkannt werden wird“. Anders als normale Tourneen die kurz nach der Veröffentlichung von neuen Alben beginnen, war die Devise also wohl die, dass sich Falco wieder auf eine Live-Bühne begibt, um näher an seinen Fans zu sein, sich durch das Live-Spielen wieder Anerkennung von der Basis zu holen.

Die Tournee war zwar einerseits ein Flop (teilweise kamen zu Konzerten in Deutschland nur wenige Dutzend Fans), qualitativ aber war es sicherlich Falcos beste Tour – ein Umstand, der auch von der Presse bemerkt wurde. In der Regel gab es euphorische Kritiken, wie zum Beispiel diese aus den Salzburger Nachrichten: „Geht es nach jenen seltsamen Leuten, die sich Trendsetter nennen, ist Falco out. Warum und wieso, weiß niemand so recht. Falco ist das nicht unbekannt. Gerade deshalb macht er derzeit seine wahrscheinlich beste Show. Der Falke in der Form seines Lebens. Falco singt von der Titanic und vom Untergang – er selbst ist weit davon entfernt.“

Im Rückblick ist die Erfolgslosigkeit von Falcos siebtem Album tragisch: er hatte es 1988 mit anderen Songwritern (Mende und Derouge) und einer neuen (konzeptionell völlig falschen) musikalischen Richtung versucht, er hatte 1990 seinen alten Produzenten Robert Ponger reaktiviert und probiert, den Falco-Sound und auch die Texte in eine andere Richtung zu lenken. Als er dann 1992 verzweifelt wieder zu den Bollands, seinen verlässlichsten Hitlieferanten, zurückkehrte und ein durch und durch konservatives, risikoarmes Album aufnahm und dieses erneut keinen kommerziellen Erfolg hatte, war Falco in einer Situation, die zu all den fragwürden künstlerischen Entwicklungen und Entscheidungen ab 1993/94 führten.

Falcos siebte LP ist kein schlechtes Album, aber natürlich war es zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung musikalisch bereits überholt und Falcos Status seit rund fünf Jahren im stetigen Sinken begriffen. Ein deutliches Zeichen, dass Falco damals wohl keine Chance hatte ist, dass selbst eine fast perfekte Comeback-Single wie Titanic keinen Erfolg hatte. Falco war 1992 einfach out, er wurde als Popstar des letzten Jahrzehnts gesehen und ein Album, das die Kunstfigur Falco in ein modernisiertes, neues Licht stellt, ist sein siebentes Album sicher nicht. Falco erschien ausgebrannt, als ein ehemaliger Star, der nun keine Idee mehr hat, wie es weitergehen soll. Und auch hier fällt Falco die Tatsache auf den Kopf, dass er als Hitkünstler und nicht als Albumkünstler von der breiten Masse wahrgenommen wurde. Dies zeigte sich auch bei der (zu spät angesetzten) Tournee, die Fans gingen nur dann zu Falco-Konzerten, wenn dieser einen Hit hatte.

Musikalisch klingt das Album nicht unbedingt altmodisch, aber es ist (wie so oft bei den Bollands) übermäßig bombastisch und ohne viel Detailverliebtheit produziert. Gleichzeitig bietet es zu viele lediglich durchschnittliche Albumtracks, die sich teils ähneln, teils durch den vorgegebenen Musikstil verkrampft klingen. Allerdings bietet es auch mit Titanic, Monarchy Now und Nachtflug drei der besten Songs, die Falco je aufgenommen hat. Es ist bezeichnend, dass zwei dieser drei Songs nicht von den Bollands, sondern von Harald Kloser und Thomas Schobel geschrieben wurdem. Es wäre interessant gewesen, ein ganzes Album mit Nummern dieser beiden Songwriter zu hören, warum Falco einer weiterführenden Zusammenarbeit abgeneigt war, ist unklar – wahrscheinlich saß ihm aber noch die Angst im Nacken, erneut ein künstlerisch interessantes, kommerziell aber unerfolgreiches Album wie Data De Groove zu produzieren. Es ist anzunehmen, dass dies der Grund war, weshalb Falco zu den deutlich risikoloseren Bollands, die ja schon mehrfach bewiesen hatten, dass sie Hits schreiben können, zurückgewechselt ist.

Nach dem Erscheinen dieses Albums kam Falco Karriere dann endgültig zum Stillstand, er veröffentlichte bis zu seinem Tod mehr als fünfeinhalb Jahre später kein einziges weiteres Album mehr. Dennoch war er bis kurz vor seinem Ableben umtriebig, er produzierte mit mehreren Personen in diesen Jahren Songs, änderte seinen musikalischen Stil dramatisch und stellte auch seine innere Einstellung zu Kunst und Kommerz in diesem Prozess radikal um. Es stellt sich die Frage, wie Falcos Karriere weiterverlaufen wäre, hätte dieses Album mit Titanic den internationalen Hit abgeworfen, auf den Falco gehofft hatte. Durch den Umstand, dass die LP zwar durchaus qualitativ ansprechend, aber eben auch erneut erfolglos war, setzte danach das Dilemma ein, das Falco bis zu seinem Tod 1998 begleiten sollte.

Die 2012 erschienene Deluxe-Edition beinhaltet neben dem remasterten Album eine zweite CD mit Bonusinhalten: Hier findet man die beiden Mixes von Dance Mephisto, drei der vier Beat 4 Feet-Remixes von Monarchy Now (leider wurde die Instrumental Version nicht inkludiert) sowie nicht weniger als neun der insgesamt elf Mixes von Titanic, lediglich der kurze Edit des Dance Till You Drop Techno-Mix sowie die originale englische Videoclip-Version, die bis dahin lediglich auf DVD erschienen war, wurden nicht auf die Bonus-Disc gepackt. Dafür findet man hier eine ansonsten nirgends veröffentlichte alternative englischsprachige Version, dies ist nicht der im Videoclip verwendete Mix, sondern eine Fassung bei der nach rund 2:25 Minuten nach dem Gitarrensolo der Violinen-Part vom Anfang der Nummer nochmals eingeschoben wird – dadurch verlängert sich dieser Mix auf 3:41 Minuten Laufzeit. Sämtliche diese fehlenden Remixes wurden dann 2022 digital auch offiziell veröffentlicht. Diese Deluxe Edition platzierte ich nicht in den Charts.

Beteiligte

Arranged, produced and mix by Rob & Ferdi Bolland
Directed by Falco
Recorded, mixed & mastered at Bolland Studios Blaricum Holland
Engineered by John 'Zorba' Kriek
Keyboards, synthesizers, samplers, bass, percussion, grand pianos, backing vocals: Rob & Ferdi Bolland
All accoustic and electric guitars: Bert Meulendijk
Additional keyboards, samplers, programming: Hans 'Woody' Weekhout
Trumpet: Jan Hollander
Art direction: Hannes Rossbacher
Photo: Curt Themessl

Deluxe Edition (2012):
Produktidee, Recherche, Titelauswahl CD2 und Bearbeitung: Meinolf Grüne. Re-Issue Artwork: Stefan Klein, Klasse 3b. Dankeschön an alle, die an der Veröffentlichung dieses Albums beteiligt waren, besonders an Rob and Ferdi Bolland, Michael Schraml und Frank Lumm. Digitales Remastering: Jens Müller, Railroad Tracks, Kerpen.

Bonusinhalt auf der 2012 Wiederveröffentlichung