Video, Dokus & Filme

Der Echte Falco

2008
DoRo Filmproduktions GmbH/Hoanzl

  1. Intro
  2. Falco im Gespräch (Part 1)
  3. Falco im Gespräch (Part 2)
  4. Falco im Gespräch (Part 3)
  5. Credits

Über das Video

Zu runden Falco-Jahrestagen werden stets verlässlich neue Produkte rund um den verstorbenen Künstler veröffentlicht. Und stets sind dann Dolezal und Rossacher, die Produzenten der meisten Falco-Videoclips, in vorderster Front mit dabei, wenn es darum geht, Fans mit mehr oder weniger qualitätsvollen Erscheinungen zu erfreuen. So auch 2008, zu Falcos zehntem Todestag, an dem die beiden Regisseure eine Zusammenstellung von Falco-Videos auf den Markt warfen.

Die auf den Markt gebrachte DVD verspricht dabei sehr viel und bietet recht wenig – eine nicht gerade neue Situation im Zusammenhang mit solchen Releases. Großmundig wird auf dem Cover davon gesprochen, dass Rudi Dolezal eine „exklusive Zusammenstellung aus Falco-Interviews aus den Jahren 1983 bis 1997 für diese spezielle, limitierte DVD“ gestaltet hat. Diese Bewerbung grenzt dabei fast schon an Käufertäuschung, tatsächlich finden sich auf der DVD lediglich Ausschnitte aus zwei Interviews: eines aus dem Jahr 1990 im Vorfeld der Veröffentlichung des Albums Data De Groove und eines von 1992, in der Falco über das Album Nachtflug, das in Kürze veröffentlicht werden sollte, spricht.

Im Intro finden sich dann noch Ausschnitte von einem Interview anno 1995, in dem Falco seine Single Mutter, Der Mann Mit Dem Koks Ist Da bewirbt sowie ein kurzer Auszug aus einem Gespräch im Backstage-Bereich der Ö3-Gala anno 1997. Die Länge dieser Aufnahmen ist dabei jedoch nur ein paar Sekunden. Es ist daher völlig schleierhaft und gleichzeitig unverschämt, warum die DVD damit protzt, Interviews von 1983 bis 1997 zu beinhalten…

Die zwei Interviews, die enthalten sind, sind jedoch ganz interessant: In beiden Gesprächen wird Falco in seiner Wohnung in der Wiener Schottenfeldgasse aufgenommen, in beiden sitzt er adrett gekleidet auf einer schwarzen Couch, im Hintergrund hängen prominent Schüttgemälde von Hermann Nitsch an der Wand. 1990 trägt Falco ein braunes Sakko mit Krawatte und Jeans und spricht rund eine halbe Stunde über die Produktion des Albums Data De Groove in London, über die Höhen und Tiefen seiner Karriere, über seine derzeitige Situation und natürlich über seine neue LP. Auch über die Zusammenarbeit mit den Bollands werden ein paar Worte verloren und auch auf den Einfluss seiner Heimatstadt Wien auf sein Songwriting wird eingegangen. Eine der interessantesten Stellen im Interview ist die, in der Falco über die von ihm geschaffene Kunstfigur spricht („Hansi gibt’s keinen mehr!“).

Da das Interview auf Fragen von Rudi Dolezal basiert, wird auch das Mozartjahr 1991 angesprochen – interessant ist, dass Falco meint, er mache sich Gedanken dazu und denke über sich als Transportmittel zwischen E- und U-Musik nach: das ist insofern erwähnenswert, weil Falco 1994 ein symphonisches Konzert gegeben hat, die Idee zu einem solchen wurde anscheinend schon Jahre vorher zumindest im Ansatz geboren. Die Erwähnung des Mozartsjahrs ist auch deshalb eine Bemerkung wert, weil ja 1991 dann wirklich ein neuer Remix von Rock Me Amadeus veröffentlicht wurde, obwohl Falco in diesem Interview noch bemerkt, dass Projekte dieser Art „spekulativ und gefährlich“ seien und diesbezüglich von einer „aufgewärmten Suppe“ spricht.

Beim Interview von 1992 hat Falco ein schwarzes Polo-Shirt an, auch hier trägt er dazu Blue Jeans und Stiefel. Die Laufzeit dieses Gesprächs beträgt rund 20 Minuten. Das Hauptthema ist hier natürlich die bevorstehende Veröffentlichung des Albums Nachtflug und der Single Titanic. Falco spricht über seinen Wechsel zur Plattenfirma EMI, über die Fehler, die er in der Vergangenheit und besonders mit dem letzten Album Data De Groove gemacht hat („Er macht mit einer hellseherischen Zielsicherheit, was wir von ihm nicht wollen“) und darüber, warum er für die Produktion seines neuen Albums zu den Bollands zurückgekehrt ist. Die strategische Ausrichtung der LP Nachtflug („Härter, mit einem Hit, kein Konzeptalbum, scharf, bissig, kritisch, sarkastisch, mehr Gitarren, mehr Dancefloor-Drums“) ist ebenso ein Thema wie die Hoffnung, dass mit Titanic auf dem Album ein Song enthalten ist, der, „wenn er schon nicht an Rock Me Amadeus anschließen kann, zumindest ein kräftiges Lebenszeichen“ sein soll. Leider hielt die Realität dann nicht ganz mit diesen hohen Erwartungen mit…

Falco spricht auch darüber, dass er gerne wieder live auf eine Bühne spielen möchte und hadert mit den technisch-finanziellen Umsetzungsproblemen dieser Idee. Auch in diesem Interview geht es dann um die Kunstfigur Falco und seine Stellung in der Musikbranche („Ich bin ein Unangepasster in einem angepassten Geschäft“) sowie um die Höhen und Tiefen in Falcos Karriere und auch in seinen persönlichen Charakterzügen. Auf Dolezals Erwähnung hin spricht Falco danach auch noch über die Verleihung des „Silver Screen Awards“ für das beste Video des Jahres beim Internationalen Filmfestival in Chicago. Für welchen Videoclip Falco und DoRo diesen Preis bekommen haben, wird dabei nicht klar.

Nach diesem zweiten Interview wird dann die Struktur verwirrend: In Part 3 auf der DVD schneidet Rudi Dolezal dann weitere, im ersten und zweiten Teil der DVD nicht verwendete, Ausschnitte aus den beiden Interviews von 1990 beziehungsweise 1992 zusammen. Warum diese Clips, mit einer Gesamtlaufzeit von rund 10 Minuten separat und nicht unverfälscht bei den beiden Interviews verwendet werden ist unklar – es dient höchstwahrscheinlich dem Ziel, dass man hier den Eindruck von mehr Material erzeugen und gleichzeitig den Eindruck verhindern wollte, dass auf der DVD eigentlich nur zwei Interviews enthalten sind. In den Ausschnitten geht es dann natürlich wieder um die gleichen Themen wie in den Hauptinterviews (die Alben Data De Groove und Nachtflug sowie die Bollands und über die Art und Weise, in der Falco seine Texte schreibt.

Mit einer Laufzeit von rund einer Stunde ist die DVD nicht gerade lang und neben den bereits erwähnten Frech- und Unwahrheiten („Interviews aus den Jahren 1983 bis 1997“) stellt sich auch die Frage, warum Dolezal und Rossacher nicht das von ihnen produzierte Interview von 1995 (anlässlich der Veröffentlichung von Mutter, Der Mann Mit Dem Koks Ist Da) inkludiert haben. Sicher, in diesem Gespräch geht es weniger um Allgemeines als in den beiden Interviews von 1990 und 1992, dennoch überrascht diese Auslassung.

Das Cover der DVD ziert ein Bild von Falco in voller Amadeus-Montur, inklusive bunt-greller Mozart-Perücke. Es ist ein Bild von den Aufnahmen des Videoclips zu Rock Me Amadeus aus dem Jahr 1985. Auf der Cover-Rückseite finden sich zahlreiche kleinformatige Photos von Falco mit Dolezal und Rossacher, dazu ein sehr werbelastiger Text mit wenig dezidierten Informationen. Das beiliegende Booklet verwendet das gleiche Amadeus-Photo und inkludiert eine Auflistung der DVD-Inhalte sowie einen gewohnt übertrieben-pathetischen Text von Rudi Dolezal. Die Rückseite des Booklets, auf der die Credits angegeben sind, ziert die Aufnahme eines roten Schuhs, wohl eine Anspielung auf den Song Jeanny. Ohne Kontext wirkt dieses Sujet hier jedoch extrem billig und deplatziert.

Die nur in Österreich veröffentlichte DVD schaffte es (wenig überraschend) nicht in die Video-Charts.

Zusammenfassend kann man sagen, dass auch dieses Produkt aus dem Hause DoRo weit unter den Erwartungen bleibt und erneut der Eindruck entsteht, dass hier mit wenig Aufwand etwas auf den Markt gebracht wird, dessen Ziel sicherlich nicht primär Qualität ist. Wenn man auf dem Cover schon davon spricht, dass „es Zeit ist, dass Falco endlich selbst zu Wort kommt“, dann sollte man doch genau das versuchen: Nämlich wirklich eine umfassende Sammlung von Falco-Interviews zusammenzustellen. Und zwar wirklich von Beginn seiner Karriere bis zu seinem Tod. Und auch nicht nur aus dem kostenfreien DoRo-Archiv, sondern unter Berücksichtigung des umfangreichen Archivs des ORF und auch von deutschen Sendeanstalten. Eine solche umfassendere Sammlung könnte man dann chronologisch oder auch nach inhaltlichen Themenschwerpunkten strukturieren und so ein holistischeres Bild des Künstlers zeichnen. Aber natürlich, ein solches Unterfangen geht einher mit Kosten und auch einem hohen Arbeits- und Recherche-Aufwand und das war sicherlich nicht Ziel dieser DVD-Veröffentlichung.

Ebenfalls ärgerlich ist, dass die beiden Interviews nicht mal vollständig und ungeschnitten erscheinen: Einerseits werden im Intro Ausschnitte gezeigt, die sich dann im Interview nicht wiederfinden, andererseits wird im dritten Teil der DVD dann zusätzliches Material gezeigt… Welchen Sinn hat diese Zerstückelung? Gleichzeitig bemüht man sich jedoch, einen Hauch von Authentizität dadurch zu erzeugen, dass Nachfragen von Falco und auch das Interview unterbrechende Telefonanrufe inkludiert bleiben.

Auch nicht schön ist das Hinzunehmen von Werbetrailer anderer DoRo-Produkte („Weltberühmt in Österreich“ und „Ambros pur“) auf die DVD. Das Sponsoring durch die Boulevard-Tageszeitung „Österreich“ an prominenter Stelle ist ebenfalls nicht gerade qualitätsfördernd und verleiht dem Ganzen etwas Unseriöses (Als Werbemittel gab es übrigens kurz nach der normalen DVD-Veröffentlichung eine leicht verkürzte Ausgabe dieser DVD als Gratisbeigabe zu dieser Zeitung, dabei wurde als Coversujet ein Bild aus dem "Egoisten"-Photoshooting von 1996 verwendet). Ungut abgeschlossen wird der Gesamteindruck schließlich auch noch durch die gewohnte Selbstbeweihräucherung der Produzenten: Wenn man auf dem Cover und im Booklet in Text und Bild mehr über Dolezal und Rossacher erfährt als über Falco selbst, bewirkt das ein seltsames Gefühl, das mehr als unangebracht wirkt.

Veröffentlichungen

DVD
Eine DoRo Produktion
Zusammengestellt von Rudi Dolezal
Schnitt: Bardia Sanbouraktschi
Kamera: Hermann Dunzendorfer, Peter Refle, Rudi D’Oro, Flodur Sennah
Regieassistenz: Claudia Fahnler
Produktionskoordination: Uschi Stocker
Postproduktion Supervisor: Dominik Weiser
DoRo-Post: Flo Senekowitsch, Marko Brammer, Roland Svoboda, Timy Prehofer
Menügestaltung & Authoring: Uli Grimm
Grafik: Harald Graf
Mit freundlicher Unterstützun von Kultur:Steiermark
Präsentiert von "Österreich"
Titelmusik: gruen2g
Dolby Digital 5.1, 2.0
Bildformat 4:3
Coverfoto: Rudi Dolezal
Vertrieb: Hoanzl
65 Minuten

Promo-DVD (Auszüge)
Beilage zur Tageszeitung "Österreich"
43 Minuten