Song
Laufzeit
3:28 Minuten
Album
Single-Auskopplung
Oktober 1992
Charts: #17 AUT
Musik, Text und Produktion
Musik: Rob & Ferdi Bolland
Text: Falco, Rob & Ferdi Bolland
Produzent: Rob & Ferdi Bolland
Offiziell veröffentlichte Mixes/Edits/Versionen
- Dance Mix 3:32 (1992) (Remix: Eberhart Hartenstein & Uwe Malischewski)
- Instrumental Mix 3:28 (1992)
- Symphonic Remix 3:27 (2008)
Offiziell veröffentlichte Liveaufnahmen
- Wiener Neustadt, Domplatz 3:36 (Symphonic Version) (1994/2008)
Über den Song
Falcos zweiter Ausflug ins Tango-Genre (nach Tango The Night) ist eine fast ebenso langweilige Exkursion wie die Nummer des Albums Falco 3 sieben Jahre zuvor, lediglich der schärfere Text hebt sie über dieses Lied von 1985. Der Song ist Teil des Versuchs, die LP so musikalisch divers wie möglich zu gestalten (neben diesem Tango finden sich auch noch die Musiksparten Salsa und Reggae auf der Platte), auch scheint die Art der Musik für die Bollands gut zum von ihnen vorgeschlagenen Thema gepasst zu haben – scheinbar sind Stechschritt und Tango nicht allzu weit voneinander entfernt. Inhaltlich ist es eine Nummer gegen Neonazis, gegen Typen in Springerstiefeln und mit Glatzen – für Falco, der sich selten und ungern politisch positionierte, eine recht deutliche Ansage.
Anscheinend wollte Falco, den das Thema des wieder aufkommenden politisch-rechten Lagers seit Jahren beschäftigte (schon 1986 sang er in The Sound Of Musik über seine Ablehnung von Kurt Waldheim, dem österreichischen Bundespräsidenten, der sich an große Teile seiner SS-Vergangenheit nicht mehr erinnern konnte beziehungsweise wollte), einen Song über diese Thematik machen. Die Idee zur Umsetzung kam dann von den Bollands, Falco arbeitete auf dieser Basis dann am Text und ergänzte ihn.
Der Tango-Rhythmus diktiert das Lied, es ist eine sehr streng konzipierte und umgesetzte Nummer. Wie in dieser Musikart üblich, sind sowohl die Strophen als auch der Refrain sehr abgehackt, zudem wurde von den Bollands eine bombastisch-brachiale Sound-Umsetzung gewählt, der Song stampft ungleich härter als das im gleichen Genre beheimatete Tango The Night. Nach einem explosionsartigen Beginn trampelt das Lied mit Falcos Sprechgesang bis zum Refrain, dieser legt dann von der Opulenz noch eine Schippe drauf. Im Mittelteil erklingt ein Gitarrensolo, zu Falcos „Halt den Tanz für uns frei“ endet die Neonazi-Kritik dann abrupt.
Horst Bork erwähnt in seinem Buch, dass Falco in letzter Minute noch zwei Textzeilen verändert hat: so war ursprünglich gedacht, statt „Jede Halle unserer Anstalt erhellt durch unsere Lieder“ das deutlich direktere „Hakenkreuz am Arm und Hakenkreuz im Hirn“ zu verwenden. Auch war angeblich angedacht den Song mit dem in Klammern gesetzten Zusatztitel „Hitler-Tango“ zu versehen. Während Bork diese Änderungen bedauert, finde ich diese vorteilhaft – Falco war nie jemand, der seine Texte allzu direkt und plump geschrieben hat: es wäre vor allem bei einer Nummer mit diesem Inhalt nachteilig gewesen, die künstlerische Unbestimmtheit und das Fehlen einer 100%igen Klarheit zu eliminieren. Zweideutigkeit war nicht nur bei Jeanny, sondern später dann auch bei der deutschen Metal-Band Rammstein (die zum gleichen Thema ebenso mehrdeutige Lyrics schrieb) ein neugierig machender und provokanter Faktor.
Die Zeile „Hit me with your rhythm stick“ hat sich Falco übrigens vom gleichnamigen Song von Ian Dury And The Blockheads von 1978 ausgeliehen.
Falco beschreibt in diesem Song das düstere Weltbild eines Neonazis, dieser ist für das Böse, die Vernichtung, die Angst – aber bitte nur so lange, als sie ihn nicht selbst, sondern nur die von ihm als Opfer auserkorenen Minderheiten, Ausländer, Andersdenkende trifft („Wir wollen das Böse (…), lieben auch die Angst, solang sie uns nicht trifft. (…) Mögen unsere Nachbarn nicht“). Das Infotainment der Medien mit seinen oberflächlichen, simplifizierenden Schwarz-Weiß-Malereien beeinflusst ihn, gleichzeitig ist er in rechten Gruppen und Verbänden organisiert und singt dort mit seinen Kameraden und Sinnesgenossen alte Nazi-Lieder („Dunkelbrauner Gürtel und dunkelbraune Schuh‘, am Rücken wohlgeschnürt, das strenge Hemd dazu“ (…) Dann erklingen auf und nieder alte Weisen wieder, jede Halle unserer Anstalt erhellt durch unsere Lieder“). Falco positioniert sich insofern politisch, als dass er zeigt, mit wem solche Leute eine Verbindung eingehen, wer ihnen beisteht: Mephisto, der Teufel selbst („Wer hilft dabei? Wer steht uns bei? Dance Mephisto, schlag mit deinem Pferdefuß, go on with your Bühnenshow“).
Ewa Mazierska stellt in ihrem Buch diesen Song in die Reihe von Nummern über Katastrophen (Titanic, Monarchy Now) und in die Tradition von europäischen Chansons und dem deutschen Cabaret von Bert Brecht und meint: „Another song about a catastrophy: Nazism. It points to ordinary people’s love of their leaders, the leader’s indifference to them and, ultimately, the implication of ordinary people in grand politics“.
Falco meinte 1992 zum Thema dieses Lieds: „Die alten Nazis werden wir nicht mehr ändern, was mich stört, sind die jungen, neuen Braunen“.
Die Presse nahm von diesem Song kaum Notiz, das deutsche Jugendmagazin Bravo vermerkte: „Der Dampfhammer-Rhythmus der Nummer lädt zu einem Tangotänzchen in Bergschuhen ein“.
Das Lied wurde als zweite Single nach Titanic aus dem Album Nachtflug ausgekoppelt und schaffte es lediglich in Österreich in die Charts, ein bescheidener 17. Platz war die beste Hitparadenposition. Horst Bork schob die Schuld an diesem bescheidenen Erfolg auf die Tatsache, dass Falco in den Lyrics noch zwei schärfere Zeilen und den Zusatztitel geändert beziehungsweise weggelassen hatte, aber ich glaube, die wahren Ursachen sind anderswo zu finden. Zum einen ist der Titel nicht wirklich als Single geeignet: der Tango-Rhythmus ist unkommerziell, es ist eine reine Albumnummer.
Darüber hinaus muss man aber auch feststellen, dass Falcos neue Plattenfirma EMI Electrola nach dem geringen Erfolg der ersten Single Titanic anscheinend den Glauben an Falco und sein Album verloren hatte. So wurde zu dieser Auskopplung nicht mal ein Videoclip gedreht! Die letzte Falco-Single, die ebenfalls kein Video spendiert bekam, war 1982 der Titel Maschine Brennt. Es ist absolut unverständlich, dass man bei einem Künstler wie Falco, den man neu unter Vertrag genommen hatte und dessen Hits immer auch auf guten Clips basierten, diese Kosten vermeiden wollte. Dabei hätte es anscheinend schon Ideen für eine solche visuelle Umsetzung gegeben: es war geplant, ein Video im Stil von Mel Brooks Tango tanzender Hitlerpersiflage zu produzieren.
Ähnlich lieblos ist das Design des Single-Covers: aus dem bereits am LP-Cover verwendeten Falco-Photo schnitt man den Künstler aus dem Hintergrund aus und platzierte dies simple und achtlos auf einem weißen Hintergrund. Dazu nahm man den gleichen Schriftzug wie am Album. Auf der Rückseite finden sich nur die knappen Infos zu den Titeln, nicht mal mehr ein Photo des fast gleichzeitig erschienenen Albums Nachtflug findet sich hier, lediglich die Zeile: „From the album „Nachtflug“ – nicht gerade ein prominenter Werbeverweis. Alles in allem macht die Veröffentlichung mehr den Eindruck einer Pflichterfüllung als eines Releases, bei dem man auf einen Hit hofft.
Live hat Falco diesen Song auf der Tournee 1993 gespielt.
Aufgrund des Fehlens eines Videoclips trat Falco während der Zeit der Veröffentlichung in mehreren TV-Shows auf und performte seine Nummer Playback im TV-Studio – zwei dieser Auftritte („Flitterabend“ und die ö3-Gala) finden sich auf der DVD Falco 60.
Das schwindende Interesse von EMI Electrola an Falco und seinem ersten für sie produzierten Album zeigt sich auch in der Tatsache, dass lediglich ein Remix produziert wurde. Wurden bei der ersten Single Titanic noch rund ein Dutzend verschiedene Mixes bei unterschiedlichen Produzenten in Auftrag gegeben, wurde jetzt lediglich ein ‚Dance Mix‘ angefertigt. Für diesen waren Eberhard Hartenstein und Uwe Malischewski verantwortlich, zwei unbekannte In-House-Produzenten. Der Remix ist gleich lang wie die normale Albumversion, es wurde lediglich die Instrumentierung des Originalsongs durch einen billigen und seelenlos klingenden elektronischen Soundteppich ausgetauscht und damit der Tango-Stil entfernt. Nicht mal ein längerer Club Mix wurde produziert, EMI wollte diesen Falco-Release wohl wirklich so billig wie möglich durchziehen. Von der Albumversion gibt es auch eine Instrumental-Version.
2008 fertigte Thomas Rabitsch einen Symphonic-Remix an, dieser klingt, wie die Mehrzahl der auf diesem Album befindlichen Song, großteils wie die Live-Version der Nummer.
Falcos Kritik an rechten Auswüchsen und Neonazis ist eine unterdurchschnittliche Nummer. Sowohl musikalisch als auch textlich bietet sie eigentlich nicht viel. Zwar benutzt Falco, meiner Meinung nach, durchaus bewusst, zweideutige Formulierungen und versucht so, an frühere Provokationen anzuschließen. Jedoch macht er dies ziemlich brav und bieder (andererseits bin ich auch kein Freund der von Horst Bork so gelobten – und dann gestrichenen – Hakenkreuz- und Hitler-Lyrics, das hätte dann einfach zu durchschaubar und zu direkt geklungen).
Es wäre sicherlich besser gewesen, andere Songs aus dem Album Nachtflug als zweite Single auszukoppeln: Monarchy Now oder auch Nachtflug (das dann die dritte Single wurde als schon klar war, dass Falco mit seinem Album Schiffbruch erlitten hatte) wären die bessere Wahl gewesen.
Text
Ey!
Wir wollen das Böse
Das unendliche Böse
Lieben auch die Angst
Solang' sie uns nicht trifft
Wir wollen die Vernichtung
Exzentrische Verdichtung
Des seichten, dümmlich Süßen
Mögen unsere Nachbarn nicht
Wer hilft dabei?
Wer steht uns bei?
Wer hält den Tanz uns frei?
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Wenn dich erst der Teufel packt
So bist du ausgeliefert nackt
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Tanz für uns
Und tu als wär' dabei
Nichts dabei
Halt den Tanz für uns frei
Ey!
Dunkelbrauner Gürtel
Und dunkelbraune Schuh'
Am Rücken wohlgeschnürt
Das strenge Hemd dazu
Dann erklingen auf und nieder
Alte Weisen wieder
Jede Halle unserer Anstalt
Erhellt durch unsere Lieder
Wer hilft dabei?
Wer steht uns bei?
Wer hält den Tanz uns frei?
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Wenn dich erst der Teufel packt
So bist du ausgeliefert nackt
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Hit them with your rhythm stick
Vollstrecke deinen Psychotrick
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Nimm die Tänzerin im Takt
Bis es in den Speakern knackt
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Schlag mit deinem Pferdefuß
Go on with your Bühnenshow
Ja, ja, ja, ja
Halt den Tanz für uns frei
Ey!
Say!
La, la, la, la, la
Dance Mephisto
Dance for me
Yeah
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Wenn dich erst der Teufel packt
So bist du ausgeliefert nackt
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Hit them with your rhythm stick
Vollstrecke deinen Psychotrick
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Nimm die Tänzerin im Takt
Bis es in den Speakern knackt
Dance Mephisto
Dance Mephisto
Schlag mit deinem Pferdefuß
Go on with your Bühnenshow
Ja, ja, ja, ja
Halt den Tanz für uns frei
Halt den
Halt den Tanz für uns frei
Meine Textfassung beruht, falls vorhanden, auf den Textbeilagen der offiziellen Veröffentlichungen (Booklet, Inlay, Cover etc.). Allerdings wurden alle Texte abgehört und nach dem gesungenen Wort korrigiert. Bei Songs, bei denen keine Textbeilagen verfügbar sind, basiert meine Fassung ausschließlich auf dem gesungenen Wort bzw. auch auf im Internet kursierenden Versionen. Textpassagen, die im Dialekt gesungen wurden, stehen in gemäßigter Transliteration. Rechtschreibfehler, sowohl deutsche als auch englische, wurden in eklatanten Fällen korrigiert. Die Rechtschreibung beruht teils auf der zur jeweiligen Zeit gültigen (Textbeilagen), teils auf der neuen Rechtschreibung (eigene Abhörungen). Auf Satzzeichen wurde im Allgemeinen verzichtet. Für Verbesserungsvorschläge bin ich dankbar.