Song

Poetenclub

Laufzeit

5:03 Minuten

Entstehungszeit und Veröffentlichung

2000 (Entstehung und Veröffentlichung auf dem Album "The Return Of The Mother" von Nina Hagen)

Musik, Text und Produktion

Musik: Nina Hagen, Zeus B. Held
Text: Falco, Nina Hagen
Produzent: Nina Hagen, Ingo Krauss

Über den Song

Rund zwei Jahre nach Falcos Tod produzierte Nina Hagen, die Falco Mitte der 1990er Jahre auch persönlich getroffen hatte, eine Sampling-Nummer, bei der sie Ausschnitte aus Falco-Interviews in einem von ihr und Zeus B. Held geschriebenen Song verwendete. Für die in Ost-Berlin geborene „Mother of Punk“ schien diese posthume Zusammenarbeit mit Falco mehr zu sein als lediglich ein kommerziell verwertbarer Publicity-Stunt: So sprach sie öfters von einer seelischen Verbindung zu Falco – eine Behauptung, die sie in ihrer herrlich skurril-verrückten Art anno 2000 auch in einem Interview mit dem Magazin Wiener kundtat: „Also erst kam Falco in einem Traum zu mir, das war supertoll, der war ein richtiges Schlitzohr und unheimlich gut drauf, so dass ich mir gedacht habe, dem geht’s drüben gut. Ich hab Falco mal in Wien in so einem Nightclub getroffen. Der war ein absolutes Obermausi. Ich hatte im Traum außerirdischen Sex mit ihm, natürlich. Da ist die Liebe so groß, da braucht man nix weiter sagen. Und es ist halt sehr wichtig, auch Verkehr mit Jenseitigen und Außerirdischen aufrechtzuerhalten“.

Auch in der realen Welt gab es einige Gemeinsamkeiten von Nina Hagen und Falco: beide waren international erfolgreich, beide sangen überwiegend auf Deutsch und ein exaltierter Lebensstil und die Liebe zu Kontroversen findet sich im Leben beider Künstler. Einige Jahres später, 2005, sang Nina Hagen dann auf der Eröffnung der Wiener Festwochen auf dem Rathausplatz den Falco-Song Ganz Wien, Hagens Version lebt von ihrer ganz eigenen Interpretation und man merkt ihr die Freude an, diese Nummer zu diesem Anlass live zu performen.

Im Gegensatz zu anderen Veröffentlichungen, die nach Falcos Tod auf den Markt geworfen wurden (von den Bollands, von Dolezal&Rossacher, von diversen Plattenfirmen) merkt man diesem Sampling-Song an, dass er mit viel Liebe und Respekt umgesetzt wurde.  Gleichzeitig ist es keine pathetisch-verklärende Nummer, Nina Hagen baut sowohl Humor als auch ihre eigene Berliner Schnoddrigkeit in das Werk ein.

Musikalisch wird der Song von einem starken Drum-Beat getragen, im Hintergrund hört man lediglich vereinzelt zusätzliche Instrumentierungen. Subtil durchzieht eine indisch anmutende Melodie die Nummer. Interessant ist auch der strukturelle Aufbau: erst nach rund dreieinhalb Minuten hört man zum ersten Mal den Refrain („Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört, geht nie verloren, wird nie zerstört“). Bis zum Ende des Lieds wird dann Tantra-mäßig der Refrain wiederholt was einen fast schon Trance-ähnlichen Zustand auslöst.

Textlich umreißt Nina Hagen ihre seelische Verbundenheit zu Falco in mehreren Dimensionen: So geht Sie auf den, auch von ihr sehr kritische gesehenen, Einfluss der Musikindustrie auf sensible Künstlerseelen und auf die Schwierigkeiten des Popstar-Berufs ein („Ich kenne das Szenario, nichts Unmenschliches ist mir fremd, my friend. Diese Industrie ist die reinste Onanie, man leckt und schleckt, es schmeckt wie Dreck, nix wie weg!“, „Dieser Beruf ist alles aber nicht bequem, ganz schön insane, but who’s to blame, what’s the name of the game? Gott sei Dank auf das bisschen Stolz“). In einer Strophe vergleicht sie Falco vor diesem Hintergrund auch direkt mit Kurt Cobain, dem Sänger der amerikanischen Grunge-Band Nirvana – bei dem letztlich unter anderem ebenfalls die Begleitumstände seines Superstar-Daseins zu seinem tragisch-frühen Tod geführt haben.

Auch über Falcos Leben und seine Probleme singt Hagen: „Überdosis Alkohol, so viel Koks und Kohle, wir stoßen auf dich an, zum Wohle. So viele Leben, so viele Krater, so viel Sterben, wer war denn nun der Vater? So viele Scherben“. In diesen Textzeilen nimmt Hagen nicht nur Bezug auf Mutter, Der Mann Mit Dem Koks Ist Da, sondern auch auf die Tatsache, dass Falco nicht der Vater des Mädchens war, von dem er jahrelang angenommen hatte, dass sie seine Tochter sei.

Letztlich dreht sich die Thematik des Songs zum Jenseitigen, zum Tod. Nina Hagen verwebt hier elegant ihre mannigfaltigen religiösen Ansichten mit Falcos Ableben. „Ich vermiss dich, du bist jetzt ein Licht, hast so ein liebes Gesicht. Hast du dir schon vergeben? Kennst du jetzt dein ganzes Leben? Und kommst du bald mal wieder, bist Popstar und machst Volkslieder, du Lieber?“. Der Begriff „Volkslieder“ bezieht sich dabei auf einen im Song als Sample verwendeten Interview-Ausschnitt, in dem Falco von „Kunst fürs Volk, durchs Volk“ spricht – eine seltsam-lustige Anspielung auf sozialistisches Gedankengut. Danach wird die Nummer mehr und mehr transzendental: „Ohne dich ist uns jetzt klar, was nicht ist aber mal war, alle müssen sterben, vielleicht sogar ich. Ja, Falco, ich weiß, so einfach geht das nicht“, „The way is the goal and the soul went exit“, „Tao, Falco, Tao. Total peace”.

Schlussendlich kommt zum Konfuzianismus auch noch der Hinduismus hinzu, wenn Hagen singt „Shanti, Falco. Andere Dimension, ahnen können wir es schon. Da wo du bist, bei den Göttern, da glaubt ja keiner dran von den ganzen Spöttern. Aber ich weiß es, war ja auch schon da. Aber seit du plötzlich weg bist, wurde es mir erst so richtig klar. Falco, Mensch sein, eine Seele haben, (…) das ist einfach wunderbar“. Danach setzt der bis zum Schluss sich gebetsmühlenartig wiederholende Refrain ein.

Falcos Stimme in den Samples passt teils mehr, teils weniger zu Nina Hagens Text, insgesamt ergibt sich aber ein lustig-stimmiges Gesamtbild. Falco spricht (in seinem eigenartigen Englisch) einerseits davon, wieder erfolgreich sein zu wollen („I want to get my audience again cause I am too lonely without them. We’re back to the roots”), andererseits geht es um Sexuelles („Wie die Hasen“) und um (musikalisch-kreative beziehungsweise allgemeine) Sinnsuche („I am searching for my way“). Gut funktioniert die Text-Vermischung, wenn die Falco-Samples direkt Bezug auf Nina Hagens Lyrics nehmen („Wo war ich jetzt? Jetzt bin ich weg“) und so eine zusätzliche Sinnebene erreichen. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, wenn der Song die Falco-Worte „Nudelsuppe“ und „Nudelpuppe“ völlig zusammenhanglos verwendet. Woher diese beiden Worte kommen und in welchem Rahmen Falco diese verwendet hat, bleibt unklar, die sexuelle Konnotation bei „Nudelpuppe“ ist jedoch unübersehbar (steht im vulgären Wienerischen der Begriff „Nudel“ doch für das männliche Geschlechtsteil). Abgeschlossen wird der Song mit Falcos Worten „Der Film geht aus“.

Das Sample „Falco sitzt da oben und lacht sich kaputt über uns“ stammt aus einem Interview mit August Paterno, einem österreichischen Fernsehkaplan, der Satz fiel in einer ORF-Sendung kurz nach Falcos Tod.

Als Single wurde der Song nicht auf den Markt gebracht, er findet sich als Albumnummer auf der anno 2000 veröffentlichten LP „The Return Of The Mother“ von Nina Hagen.

Der Sampling-Song von Nina Hagen ist ein klassisches Beispiel dafür, wie Nummern dieser Art originell, respektvoll, unpathetisch und humorvoll gemacht werden können. Hagen wählt Themen, die sie einerseits an Falco, andererseits an ihrer eigenen Lebenswelt interessieren, bringt diese auf gelungene Art zusammen und kreiert so ein Lied, das einen eigenen Stellenwert besitzt. Gerade weil Sie die Falco-Samples nicht nur als Mittel zum (kommerziellen) Zweck verwendet, sondern als gleichwertigen Gegenpol zu ihren textlichen Ideen, entsteht etwas Persönliches, Selbstständiges. Auch musikalisch kann der Song überzeugen, Hagen wählt einen zeitgemäßen und eigenen Zugang, der Sound klingt modern und dem Klanguniversum der Künstlerin zugehörig.

Damit hebt sich diese posthume Sampling-Kooperation äußerst wohltuend von anderen Projekten dieser Art, wie zum Beispiel von den Bollands, ab. Auch steckt wesentlich mehr Liebe und Verbundenheit in diesem Song – als krasses Gegenteil wären hier wohl die Sampling-Songs zu nennen, die im Rahmen des Albums Sterben Um Zu Leben Jahre später entstanden sind.

Nina Hagens Sampling-Duett steht eindeutig und mit großem Abstand an der qualitativen Spitze solcher Projekte. Man merkt ihre innerlich gefühlte Verbindung zu Falco und die Nummer funktioniert sowohl auf der textlichen als auch auf der musikalischen Ebene. Schade, dass es zu Lebzeiten nie zu einer Zusammenarbeit dieser beiden Künstler gekommen ist, das Ergebnis wäre sicherlich ansprechender und interessanter ausgefallen als Falcos Duette mit Désirée Nosbusch (Kann Es Liebe Sein?) und Brigitte Nielsen (Body Next To Body).

Text

Kunst fürs Volk, durchs Volk
I want to get my audience again, cause I’m too lonely without them
We’re back to the roots
We’re back to the roots
Yeah, maybe, hopefully
Falco Falco

Überdosis Alkohol
So viel Koks und Kohle
Wir stoßen auf dich an, zum Wohle!

So viel Leben
So viele Krater
So viel Sterben
Wie geht’s den Erben?
Wer war denn nun der Vater?

So viele Scherben
Ich vermiß dich
Du bist jetzt ein Licht
Hast so ein liebes Gesicht

Hast du dir schon vergeben?
Kennst du jetzt deine ganzen Leben?
Und kommst du bald mal wieder
Bist Popstar und machst wieder Volkslieder?
Du Lieber!

Musik

Hey ich will auch mal mit
Wir trippen jetzt zu dritt
Der Alchimist und ich und du
Erschein' mir mal im Traum und sag mal was dazu

Du, Falco
Jetzt bin ich der Hans
Hans Hölzel – nein!
Hans Hagen!

Darf ich es mal wagen, dich zu fragen
Wieviel Kragen Du getragen
Als du flachlagst in der Hauptstadt mit dem Namen Kopenhagen?

Wie die Hasen
Falco Falco

Ich kenne das Szenario
Nichts Unmenschliches ist mir fremd, my friend
Diese Industrie ist die reinste Onanie
Man leckt und schleckt
Es schmeckt wie Dreck
Nix wie weg!

Schall und Rauch
Künstlerische Freiheit
Falco Falco
Kurt Cobain

Dieser Beruf ist alles
Aber nicht bequem
Ganz schön insane
But who’s to blame?
What’s the name of the game?
Ach Gott!
Ach Gott, was soll’s?
Ich klopf' auf Holz

Gott sei Dank auf das bißchen Stolz
Ohne dich ist uns jetzt klar
Was nicht ist, aber was mal war
Alle müßen sterben
Vielleicht sogar auch ich
Ja, Falco ich weiß…
So einfach geht das nicht

Wo war ich denn? Jetzt bin ich weg

Falco sitzt da oben und lacht sich kaputt über uns *

Ich hab‘s eigentlich ganz gut erwischt
Ich könnte dir ein Referat halten über meine marxistischen Ansichten, ja?

Ja gerne!
I’ve been searching for my way
Aha!

Eins, zwei, drei und crash!

Und vorbei!
Ja, oh mei
This way, that way, whichever way

The way is the goal
And the soul went exit
Through a hole in the head on the bed
Be glad that the way is the goal

Tao, Falco, tao!
Endlich Waffenembargo
Total peace

Richtig
Shanti, Falco

Er verlässt uns, ja?
(Om Shanti Shanti Shanti)
Schnitt

Andere Dimension
Ahnen können wir es schon
Da wo du jetzt bist, bei den Göttern
Da glaubt ja keiner dran von den ganzen Spöttern
Aber ich weiß es
War ja auch schon da
Aber seit du plötzlich weg bist, wurde es mir erst so richtig klar

Falco, Mensch sein
Eine Seele haben
Loben wir Gott!
Das ist einfach wunderbar
Eine Seele ist nämlich immer da, wo eine Seele hingehört
Geht nie verloren, wird nie zerstört

Richtig
Nudelsuppe
Nudelpuppe

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
Geht nie verloren, wird nie zerstört

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Nudelsuppe

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Richtig

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Nudelpuppe

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört

Richtig

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Nudelsuppe

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Richtig

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Nudelpuppe

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Richtig

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Nudelsuppe

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Richtig

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Nudelpuppe

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Richtig

Eine Seele ist immer da, wo eine Seele hingehört
We’re back to the roots
Geht nie verloren, wird nie zerstört
Nudelpuppe

Äh, der Film geht aus
Film geht aus

Anmerkung: Bei den normal dargestellten Textbausteinen werden Samples mit Falcos Stimme verwendet, bei den kursiven singt Nina Hagen.
Die Samples mit Falcos Stimme stammen aus Interviews.
(*) Sample eines Interviews mit dem Pastor August Paterno kurz nach Falcos Tod, 1998.

Meine Textfassung beruht, falls vorhanden, auf den Textbeilagen der offiziellen Veröffentlichungen (Booklet, Inlay, Cover etc.). Allerdings wurden alle Texte abgehört und nach dem gesungenen Wort korrigiert. Bei Songs, bei denen keine Textbeilagen verfügbar sind, basiert meine Fassung ausschließlich auf dem gesungenen Wort bzw. auch auf im Internet kursierenden Versionen. Textpassagen, die im Dialekt gesungen wurden, stehen in gemäßigter Transliteration. Rechtschreibfehler, sowohl deutsche als auch englische, wurden in eklatanten Fällen korrigiert. Die Rechtschreibung beruht teils auf der zur jeweiligen Zeit gültigen (Textbeilagen), teils auf der neuen Rechtschreibung (eigene Abhörungen). Auf Satzzeichen wurde im Allgemeinen verzichtet. Für Verbesserungsvorschläge bin ich dankbar.