Song
Laufzeit
3:53 Minuten
Album
Single-Auskopplung
Februar 2010
Musik, Text und Produktion
Musik: Alexander C. Derouge & Gunther Mende
Text: Falco
Produzent: Alexander C. Derouge & Gunther Mende (1987, unveröffentlicht);
Gunter Mende (2009 Version)
Über den Song
Auch diese Nummer aus den Sessions zum geplanten Album „Aya“ war Falco-Fans bereits seit 1987 namentlich bekannt, Falco erwähnte sie in einem Interview. Auch hier musste man aber mehr als zwei Jahrzehnte warten, bis man den Song auch zu Ohren bekam, er wurde erst 2009 auf dem kompilierten Album The Spirit Never Dies veröffentlicht (1999, als es zur ersten Veröffentlichung von bis dahin unbekannten Falco-Songs im Rahmen des Kompilationsalbums Verdammt Wir Leben Noch kam, wurde dieser Track, wie auch Nuevo Africano und The Spirits Never Dies, nicht berücksichtigt). Auch bei diesem Lied bleibt die Originalversion ungehört, der Mix, der posthum veröffentlicht wurde, ist massiv bearbeitet und verändert worden.
Musikalisch handelt es sich um einen rockigen Song, auch Falcos typischer Sprechgesang ist enthalten. Nach einem ruhigen Beginn gibt es ein langweiliges Gitarrenriff, im Hintergrund wabern elektronische Beats, darüber rappt Falco. Der Refrain arbeitet mit Frauenchören, richtig hitverdächtig klingt das alles nicht. Auch die Strophen sind unaufgeregt und ohne einen Spannungsbogen. In der Mitte der Nummer zitiert sich Falco selbst (die Zeile „Sputnik is antique“ stammt ursprünglich aus dem Song Cowbozy And Indianz) und es wird mit rhythmischen Versatzstücken gearbeitet. Der Song klingt mit Wiederholungen des Refrains aus.
Der Text wurde laut Textbooklet von Falco allein verfasst, Horst Bork erhebt jedoch auch hier den Anspruch, zumindest Teile der Lyrics geschrieben zu haben. Wie die Zeilen wirklich zustande gekommen sind, ist für Außenstehende schwer nachzuvollziehen. Inhaltlich geht es um das Russland bzw. die UdSSR in den Zeiten der Perestroika von Gorbatschow, der Text in den Strophen ist mehr oder weniger sinnfrei, an einer Stelle zitiert sich Falco selbst („Sogar der Kommissar ist da aber er sieht nicht hin“), erst im Refrain wird die Aussage deutlicher: „I just want to know, what’s the price for kissing in the Kremlin?“. Falco meinte dazu im Jahr 1987: „(Der Song) ist meine Reaktion auf die Entspannung zwischen Amerika und Russland. Ich glaube nämlich, dass da eine fürchterliche Verkrampfung folgen wird“. In diesem Sinn könnte man Falcos Text auch so interpretieren, dass die neue Offenheit in der UdSSR (Glasnost und Perestroika) nur vorübergehend ist, in Wahrheit schielen die Sowjets nach Berlin und haben auch ein Auge nach London und Paris geworfen („Und immer noch fehlt eine Hälfte von Berlin“, (…) Paris und London müssen her, demnächst noch mehr“. Die Ambitionen für eine europäische Vormachtstellung unterschiebt Falco im Jahr 1987, zwei Jahre später fällt die Mauer in Berlin und der Ostblock löst sich auf – mit Blick auf die politische Situation heute kann man Falco hingegen hellseherische Fähigkeiten unterstellen, eine Verkrampfung zwischen Russland und der westlichen Welt ist sicherlich zu konstatieren. Übrigens: ein paar Jahre später spricht Falco dann im Song Alles Im Liegen vom Album Data De Groove bereits von der neuen Weltlage („Von Alt-Wien bis hin nach Neu-Berlin, Groß-Berlin“).
Es ist übrigens eine Erwähnung wert, dass diese Nummer in einem Artikel des österreichischen Jugendmagazins Rennbahn Express (aus dem auch das oben angeführte Falco-Statement stammt) mit dem Titel „No Kissing In The Kremlin“ erwähnt wird. Die Hinzunahme des Worts „No“, das den Sinn des Titels um 180 Grad umdreht, würde auch mit Hinblick auf Falcos Äußerung wesentlich mehr Sinn machen. Ob es sich um einen Fehler des Journalisten gehandelt, oder ob Falco den Titel danach noch verändert hat, ist nicht mehr zu klären. Es wäre aber auch eine dritte Möglichkeit denkbar: die Mastertapes von 1987 wurden im Zuge der Veröffentlichung 2009 mit allen zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten restauriert, Tonspuren wurden getrennt und wieder zusammengefügt und das Ganze wurde schlussendlich auch noch remastert. Es könnte auch möglich sein, dass bei dieser Digitalisierung und dem Aufbereiten der Spuren dieses kurze Wort quasi weggemischt oder überhört und abgeschnitten wurde. Rhythmisch und vom Textbild würde der Refrain auch mit „No“ am Anfang funktionieren. Aber auch das ist nur eine Theorie, die man, ohne das genaue Sichten der Mastertapes wohl nie wird klären können.
Medial wurde auch dieser Song zu Zeiten seiner Veröffentlichung nicht gerade begeistert aufgenommen: News schreibt von einem „flotten Rap im Stil von Wiener Blut, mit einem Kinderlied-Refrain“, der Kurier ortet einen „peinlichen Versuch, den Song Der Kommissar nochmals zu schreiben“ und wittert einen „faden Aufguss“.
Nach dem Erfolg der Single The Spirit Never Dies und des gleichnamigen Albums wurde dieser Song 2010 als zweite Single veröffentlicht. Auch wurde extra ein Video gedreht, diesmal jedoch nicht von Rudi Dolezal. Auch diese Single ist nie physisch als CD, sondern nur digital erschienen. Als digitale B-Seiten wählte man mit Read A Book and Walls Of Silence Songs, die ebenfalls von Gunter Mende und Candy DeRouge komponiert wurden, jedoch nicht auf dem Kompilationsalbum von 2009 inkludiert waren. Der Titel konnte sich aber nirgends in den Charts platzieren.
Das Video beginnt mit einer Visualisierung der Landkarte der Sowjetunion in den 1980er Jahren, inklusive Hammel, Sichel und Sternen. Danach sieht man leichtbekleidete Mädchen mit UdSSR-Flaggen und Pelzkappen, eine Limousine fährt vor einem Gebäude mit russischer Aufschrift vor. Ein archetypische Popstar mit weiblicher Begleitung entsteigt dem Auto und wird von sowjetischem Militär in den ersten Stock des Gebäudes geführt. Dort befindet sich ein Casino, es wird gespielt, getrunken, auch eine folkloristische, russische Band gibt ihre Weisen zum Besten. Am Roulette-Tisch sitzt ein beleibter Mann, er könnte Oligarch oder Politiker oder beides darstellen. Der Popstar stört diese illustre Party, woraufhin der Oligarchen-Politikertyp einen Militäroffizier darauf aufmerksam macht. Als der Popstar diesen Soldaten der Roten Armee, der ihn beruhigen möchte, wegstößt, beginnt ein Schreiduell zwischen dem Oligarchen und dem Popstar. Dieses entwickelt sich schnell zu einem Schlägerei. Nachdem diese Prügelei, in deren Verlauf sich beide Männer nichts schenken, eine Weile angedauert hat, beginnen plötzlich beide Protagonisten zu lachen. Sie umarmen und küssen sich, der Startschuss für eine ekstatische Partie aller Beteiligten und Anwesenden. Der Clip bietet keinerlei Aufnahmen von Falco und langweilt auch aufgrund der faden Handlung, auch die sich erotisch bewegenden, halbnackten Mädchen mit UdSSR-Nostalgiefaktor wirken ein bisschen ausgesetzt und billig. Online ist übrigens auch eine falsche Version dieses Videos zu sehen, hier wird das Video verkehrt herum abgespielt.
Die Nummer ist unbestritten eine, die Falco für die Veröffentlichung auf „Aya“ vorgesehen hatte. Sie ist, im Gegensatz zu den Balladen von Mende und DeRouge, auch näher am typischen Falco-Sound, richtig funktionieren tut sie aber nicht. Das liegt sicherlich auch daran, dass der Text nicht wirklich aussagekräftig ist und keinerlei Magie entfaltet.
Text
Sie haben Stolichnaya
Haben Sekt vom Krim
Und immer noch fehlt eine Hälfte von Berlin
Haben dann und wann
Auch voll und mehr
Say what
Say yeah
Und auf der neuen scene
You do the Rasputin
Sogar der Kommissar ist da
Aber er sieht nicht hin
Paris und London müssen her
Man freut sich sehr
Demnächst noch mehr
I just want to know
Say, what’s the price for
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Schiwago ist der Reißer
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Sibirian wird heißer
Yeah
In der Designerwelt ist es schon lang bekannt
Trashy trendies zieht es in das rote Land
Belugar, Borschtsch und Vodka, Kaviar
Wunderbar
Say Kaviar
Get a lick of here
but a liqueur there
If it’s moving at our satisfaction
We won’t care
And the Ruska is the new and better way
And see, it’s fine with me
I just want to know
Say, what’s the price for
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Schiwago ist der Reißer
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Sibirian wird heißer
Yeah
Say what
Rosko mandar malitschek
But sputnik is antique
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Schiwago ist der Reißer
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Sibirian wird heißer
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Schiwago ist der Reißer
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Sibirian wird heißer
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Schiwago ist der Reißer
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Sibirian wird heißer
Kissing in the Kremlin
(Ayaya, ayaya)
Rock ‘n‘ Roll meets the Russian soul
Schiwago ist der Reißer
Kissing in the Kremlin
Meine Textfassung beruht, falls vorhanden, auf den Textbeilagen der offiziellen Veröffentlichungen (Booklet, Inlay, Cover etc.). Allerdings wurden alle Texte abgehört und nach dem gesungenen Wort korrigiert. Bei Songs, bei denen keine Textbeilagen verfügbar sind, basiert meine Fassung ausschließlich auf dem gesungenen Wort bzw. auch auf im Internet kursierenden Versionen. Textpassagen, die im Dialekt gesungen wurden, stehen in gemäßigter Transliteration. Rechtschreibfehler, sowohl deutsche als auch englische, wurden in eklatanten Fällen korrigiert. Die Rechtschreibung beruht teils auf der zur jeweiligen Zeit gültigen (Textbeilagen), teils auf der neuen Rechtschreibung (eigene Abhörungen). Auf Satzzeichen wurde im Allgemeinen verzichtet. Für Verbesserungsvorschläge bin ich dankbar.