Remix Album

Symphonic

Jänner 2008
Sony BMG Music Entertainment Austria GmbH
Charts: #1 AUT, #15 GER, #34 SUI

  1. The Sound Of Musik (Symphonic Remix) 4:43
  2. Vienna Calling (Symphonic Remix) 4:48
  3. Jeanny & Coming Home (Jeanny Part 2, Ein Jahr Danach) (Symphonic Remix) 6:22
  4. Titanic (Symphonic Remix) 4:22
  5. Rock Me Amadeus (Symphonic Remix) 4:17
  6. Les Nouveaux Riches (Symphonic Remix) 3:26
  7. Nachtflug (Symphonic Remix) 3:17
  8. Dance Mephisto (Symphonic Remix) 3:27
  9. Monarchy Now (Symphonic Remix) 4:15
  10. Der Kommissar (Symphonic Remix) 4:30
  11. Die Königin Von Eschnapur (Symphonic Remix) 4:30
  12. Europa (Symphonic Remix) 5:31
    Bonus Live at Wiener Neustadt 1994
  13. Helden Von Heute (Symphonic Live) 5:21
  14. Junge Roemer (Symphonic Live) 4:22
  15. Ganz Wien (Symphonic Live) 5:20
  16. Helden Von Heute (Reprise) (Symphonic Live) 1:40

Single-Auskoppelungen

Über das Album

Im Jahr 1993 trat Falco erstmals seit mehreren Jahren (seit der Emotional-Tour 1986) im Rahmen einer Konzertreihe wieder live auf. Diese Tournee, die Falco mit einer abgespeckten Band in kleineren Hallen, hauptsächlich in Österreich aber auch in Deutschland, der Schweiz und Ungarn spielte, war, trotz eines überschaubaren Publikumsinteresses, bei den Fans, Kritikern und der Presse sehr gut angekommen. Dennoch machte diese Tour den Eindruck, als wollte sich Falco vor einer für seine weitere Karriere weitaus wichtigeren Entscheidung drücken, nämlich der Suche nach einem Produzenten und Songwriter für ein neues Album. Die letzte LP Nachtflug war außerhalb Österreichs weit hinter den kommerziellen Erwartungen zurückgeblieben und bei Falco schien sich eine unübersehbare Rat- und Orientierungslosigkeit ausgebreitet zu haben, er schien keine Idee mehr zu haben, wie seine angeschlagene Karriere wieder auf Vordermann zu bringen sei.

Diese Zeitschinden vor dem nächsten Schritt war für viele Fans bereits 1993 offensichtlich, ein Jahr später, als Falco immer noch keinen neuen Produzenten und keinerlei neues Material am Start hatte, wuchs sich dieses Problem proportional weiter aus. Falco ließ sich treiben, der Abgang von Horst Bork als Manager hatte ein Vakuum hinterlassen und war nicht kompensiert worden. Diese Planlosigkeit beschreibt Horst Bork, der ja auch ein Freund Falcos war, in seinem Buch so: „Falco hatte zahllose sehr unkonkrete Ideen, er fand keinen Anfang“. Und in der Tat schien Falco im Jahr 1994 nicht viel mehr getan zu haben, als vage seine Fühler auszustrecken und zu schauen, in welche Richtung er wohl von seiner damaligen, nicht gerade rosigen Situation gehen könnte.

Live trat Falco in diesem Jahr dreimal auf: Neben einem Konzert auf dem Salzburger Residenzplatz im Rahmen des ÖVP-„Satellitenfests“ kurz vor der Nationalratswahl (bei der, auch aufgrund des miesen Wetters, nicht mehr als ein paar Dutzend Fans anwesend waren – eine traurige Tatsache, wenn man bedenkt, dass ein paar Jahre zuvor noch mehr als 20.000 Salzburger Falco auf ebendiesem Platz live sehen wollten) und einem Auftritt in Purkersdorf spielte Falco auch bei der Eröffnung des „Wiener Neustädter Frühling“, einer Veranstaltung zur Feier des 800jährigen Bestehens dieser Stadt in der Nähe von Wien.

Das Besondere an diesem Gratis-Konzert am Wiener Neustädter Domplatz am 12. Mai 1994 vor mehr als 10.000 Menschen war, dass Falco und seine Band im Rahmen dieses Gigs die Songs in einem symphonischen Gewand gemeinsam mit dem 72köpfigen Orchester des Josef-Matthias-Hauer-Konservatorium unter der Leitung des Dirigenten Raoul Herget aufführten. Es war das erste und einzige Konzert, dass Falco in einem derartigen Rahmen gespielt hat. Eine solche Orchester-Umsetzung war dabei nicht neu, vor allem aber Ende der 1990er gab es einen wahren Trend zu einer solchen Vertonung, am bekanntesten ist hier wohl das "S&M"-Album von Metallica. Falco war von der Idee, seine Hits 1994 derart soundtechnisch einzukleiden, durchaus angetan: „Ich glaub, es ist eine gute Geschichte, so ein bisschen E- und U-Musik zu verbinden. Meine Musik eignet sich gut dazu, denn es sind viele klassische Zitate drinnen. Meine Band hat drei Monate lang daran gearbeitet, es wird exquisit“.

So sah das auch die Kronen-Zeitung, unter der Überschrift „Super-Falke begeisterte 10.000“ wird Falcos symphonisches Konzert am Tag nach dem Auftritt hoch gelobt: „Der Falke ist gelandet. Und allen professionellen Neidern und Unkern entfleuchte der Wind aus ihren zerschlissenen Segeln. Superstar Falco. Begleitet vom großartigen 72-Mann-Orchester, rank und mit neuer Frisur bot der Popstar einen fetzigen Hit-Querschnitt seines Schaffens. Der Falke bewies, dass der Wienerwald um etliches zu mickrig ist, als dass man ihn jetzt zur Nummer 1 desselben erklären könnte. Weil nämlich Falco uns seine Kunst endgültig einen Standard erreicht haben, der mit dem gängigen Austropop so viel gemein hat wie Elton John mit Bill Ramsey“.

Ewa Mazierska sieht in ihrem Buch auch noch eine andere Bedeutungsebene dieses Konzerts: „The concert in Wiener Neustadt, which was part of the city’s 800th anniversary, was of special importance, as it rendered Falco a follower of a noble classical tradition, associated with Mozart. Falco tuned to this role and for most of the concert behaved more like an opera singer than a pop star, singing in an elegant suit, merely walking about on the stage and at times putting his hand on his heart. Thanks to elaborate arrangements and short instrumental inserts, the songs gained epic dimensions“.

Dabei war es sicherlich praktisch, dass Falcos Band zum Zeitpunkt des Auftritts immer noch sehr gut eingespielt war. Für die symphonischen Versionen wurden von Thomas und Bernhard Rabitsch eigens eigene Arrangements geschrieben. Das Repertoire war das gleiche der Nachtflug-Tour, jedoch wurden für dieses Konzert Songs ausgewählt, die sich gut für eine symphonische Umsetzung eigneten. Vier Nummern wurden aus dem Album Nachtflug gespielt, drei aus der LP Falco 3, vom Debut Einzelhaft und vom Longplayer Emotional hörte man zwei Songs, von Junge Roemer den Titelsong. Es ist schade, dass Falco bei dieser Gelegenheit nicht auch den Track Wiener Blut gespielt hat, dieser wurde lediglich einmal 1988 live gespielt, in diesem Zusammenhang hätte die Nummer mit dem Titel einer Operette von Johann Strauss sehr gut gepasst.

Das Konzert wurde vor Ort sowohl in Ton als auch in Bild für Archivzwecke aufgenommen, leider jedoch nicht in guter Qualität. Dieses Manko wurde später, als man nach Falcos Tod darüber nachdachte, ob man diesen Auftritt veröffentlichten könnte, zu einem großen Problem. So existierte lediglich ein 16Bit-2-Spuren-DAT-Band von der Mischpultaufnahme des Sounds und ein von drei Kameras zusammengemischtes Videoband mit einem finalen Bildschnitt. Thomas Rabitsch („Ich habe mich damals gleich nach dem Konzert geärgert, dass wir es nicht ordentlich aufgenommen haben“), Falcos Bandlieder bei diesem Auftritt, wollte diesen symphonischen Gig jedoch unbedingt veröffentlichen und startete mit einer langen und aufwendigen Arbeit an diesem Projekt: „Ich begann mich bereits 2006 mit dieser Idee zu beschäftigen und habe versucht, das Unmögliche möglich zu machen. Denn: Es gab nur sehr wenige brauchbare Aufnahmen vom damaligen Konzert, die wir nun mit Akribie und der heutigen Technik digitalisieren konnten“.

Allerdings wurde Rabitsch schnell klar, dass man mit einer Restaurierung von authentischem Material nicht weit kommen würde. Und so begann die sicherlich aufwändigste Reproduktion eines Live-Mitschnittes, die in Österreich jemals durchgeführt wurde. Dabei ist das Wort Reproduktion sicherlich richtig gewählt, denn außer Falcos Stimme stammt bei der Aufbereitung dieser Konzertveröffentlichung nichts mehr vom Konzert von 1994. So musst jedes einzelne Instrument neu im Studio eingespielt werden, sowohl von Falcos Band als auch vom Symphonieorchester. Thomas Rabitsch gibt diese Vorgehensweise auch offen zu: „Jeder musste haargenau so spielen wir vor vierzehn Jahren, jedes Solo musste gleich sein, damit es zum Bild passt. Wir haben circa achtzig Tage im Studio verbracht“. Selbst die Geräusche des Publikums wurden neu aufgenommen, dazu lud Rabitsch einen Falco-Fanclub ins Studio ein, der dann bei den Songs mitsang und -klatschte. Das einzige Authentische an dem dann wiederaufbereiteten Konzert ist Falcos Stimme – diese wurde unter massiven Aufwand mit dem Computerprogramm Renovator von Algorithmix, einer selbstlernenden Stimmerkennungs- und freistellungssoftware, aus dem Originalband freigestellt, isoliert und digitalisiert. Thomas Rabitsch kommentiere diese Produktionsweise auch nicht unironische als „Wir malen nach – wir renovieren, editieren, restaurieren und reproduzieren. Es wächst zusammen, was nie zusammengehörte“.

Veröffentlicht wurde das Konzert schließlich 2008, zu Falcos zehntem Todestag und vierzehn Jahre nach dem Auftritt in Wiener Neustadt. Rabitsch hatte die Aufbereitung aus eigener Tasche finanziert, schließlich kaufte Sony Music zu einem ansehnlichen Preis die Rechte an diesem Projekt. Dabei wurden zwei Produkte auf den Markt gebracht: eine DVD, auf der das von Rabitsch rekonstruierte Konzert in Bild und Ton inkludiert war, und eine CD, bei der die neu im Studio aufgenommenen Tonspuren für die Wiederherstellung des Live-Konzerts zu Falcos Stimme aus den Original-Studio-Aufnahmen seiner Alben gemischt wurden, Rabitsch bezeichnete diese Veröffentlichung als Orchester-Remix: „Wir haben Falcos Studiostimme mit der neuen Orchesteraufnahme vereint. Es ist fast wie ein neues Studioalbum“.

Neben der Rekonstruktion des Tons musste natürlich für die DVD auch das Videomaterial exzessiv nachbearbeitet beziehungsweise neu aufgenommen und ergänzt werden. So wurden diverse Verfahren für die Optimierung der bestehenden Originalaufnahmen angewandt: neben einer Bildstabilisierung wurden auch Aufnahmen korrigiert, das Farbspektrum angepasst etc. Um mehr Bildmaterial vom Konzert zu haben, suchte man über die Medien nach Amateurvideoaufnahmen, insgesamt meldeten sich fünf Leute, die 1994 beim Konzert mitgefilmt hatten. Dadurch konnte man auch die klassische Fan-Blick-Perspektive einbauen und hatte teilweise bis zu neun Einstellungen einer Szene. Weil die Farbqualität bei diesen Amateuraufnahmen teilweise sehr schlecht war, entschloss man sich, durch diverse Tricks, wie zum Beispiel der Verwendung dieses Material in Schwarz/Weiß und in einer geteilten Bildschirmgestaltung, diese mindere Qualität zu kaschieren. Zusätzlich wurden vor einem Green Screen auch noch die Mitglieder des Orchesters bei der Neueinspielung im Studio gefilmt, auf diese Art und Weise konnte man auch Close-up-Aufnahmen der klassischen Instrumente zeigen.

Wenn man das liest, so wird schnell klar, dass es einerseits ein ziemlich aufwendiges und ambitioniertes Projekt von Rabitsch war, andererseits aber nicht mehr viel Authentisches vorliegt, das Ganze ist vielmehr ein mittels Medial-Forensik angefertigter Konzert-Remix.

Anzumerken ist auch, dass der Auftritt nicht ganz vollständig reproduziert und auch das Tracklisting verändert wurde: So beginnt das Konzert auf der DVD mit der Nummer The Sound Of Musik, in Wahrheit war jedoch Monarchy Now der Opener-Song. Wahrscheinlich hat Rabitsch den 1986-Hit vorgereiht, weil er ihn aufgrund der dramatischen und aus der klassischen Musik kommenden Halleluja-Eröffnung passender fand. Tatsächlich wurde The Sound Of Musik erst als siebter Song im Konzert gespielt.

Auch ganz vollständig ist die DVD-Version des Gigs nicht: Falco spielte als allerletzte Zugabe ein zweites Mal seinen Erstlingshit Ganz Wien, diese Wiederholung hat Rabitsch wohl aufgrund von dramaturgischen Gründen und wohl auch, weil er den Song nicht zweimal verwenden wollte, weggelassen. Auch eine kurze symphonische Intermission zwischen den Songs Vienna Calling und Nachtflug, die beim Konzert gespielt worden war, wurde, ebenso wie andere Ansagen zwischen den Songs, nicht verwendet.

Die DVD bietet sowohl 2.0 Stereo- als auch 5.1 Surround-Mixes und inkludiert darüber hinaus eine Dokumentation, in der die technische Umsetzung der Rekonstruktion des Live-Konzerts behandelt wird. Eine zweite Doku „Die Lesung: Falco liest Beat und anderes“ befindet sich ebenfalls auf der DVD.

Bei der CD-Veröffentlichung, bei der die Falco-Stimme von den Original-Studioalben zu den neu aufgenommenen symphonischen Sounds hinzugemischt wurde, gibt es drei Blöcke: beim Großteil der Songs auf dem Longplayer wurden die rekonstruierten Symphonic-Sounds, die für die DVD nachgespielt wurden, verwendet. Bei drei Songs (Der Kommissar, Die Königin Von Eschnapur und Europa), die beim Konzert 1994 nicht gespielt worden waren, wurde hingegen ein völlig neuer Orchestersound arrangiert. Schließlich wurden dann auch noch die Live-Rekonstruktionen von drei Nummern (Helden Von Heute, Junge Roemer und Ganz Wien) inkludiert – dies deshalb, weil von diesen Liedern die Masterbänder nicht mehr auffindbar sind und deshalb auch nicht Falcos Studio-Stimme für einen neuen Symphonic-Remix verwendet werden konnte. Während diejenigen neun Songs, bei denen die rekonstruierten Symphonic-Sounds verwendet wurden (The Sound Of Musik, Vienna Calling, Jeanny & Coming Home (Jeanny Part 2, Ein Jahr Danach), Titanic, Rock Me Amadeus, Les Nouveaux Riches, Nachtflug, Dance Mephisto, Monarchy Now) sehr eng am Sound der 1993-Tournee liegen und die Orchester-Elemente mal mehr und mal weniger prominent vorhanden sind, bieten die drei nicht beim Konzert gespielten Songs ein Klangbild, von dem man, wenn man es nicht wüsste, nicht wirklich auf den symphonischen Hintergrund schließen könnte. Der Remix von Der Kommissar leiht sich die Hommage aus dem Live-Konzert-Intro und geht dann nach einer halben Minute in einen monoton-billigen Beat über, spontan ist man an die Disco-Plattitüden von Boney M. erinnert. Im Hintergrund piepsen bieder elektronische Elemente, dazu kommt ein langweiliger Streicher-Part. Der Remix schmiergelt sämtliche Ecken und Kanten des Originals weg, ein Paradebeispiel für das Nichtfunktionieren von Pop und Klassik (und einem extrem verharmlosenden Produzenten). Auch die beiden Nummern, die Falco mit Thomas Rabitsch und Thomas Lang geschrieben hat (Die Königin von Eschnapur und Europa) wurden remixt, auch hier mit einem zu vernachlässigenden Interessantheitswert, die Gründe für die Inkludierung dürften wohl eher lizenzeinnahmentechnischer Natur sein.

Für die DVD und die CD wurden nahezu idente Covergestaltungen verwendet. Auf dem Frontcover sieht man Falco im schwarzen Anzug und mit Mascherl, dabei werden zwei Photos, die von Curt Themessl geschossen wurden, graphisch so angeordnet, dass auf der linken Seite ein Portraitbild, auf der rechten Seite ein Ganzkörperphoto Falcos zu sehen ist. Der Ausschnitt unterscheidet sich dabei geringfügig bei DVD und CD, was auf das längliche beziehungsweise quadratische Format der beiden Formate zurückzuführen ist. Die Abtrennungen zwischen den Photos wurden in einem seltsamen Mix aus rosaroten und hellblauen Strichen vorgenommen. Links unten findet man den Künstlernamen, darunter den Titel. Auf der DVD steht zusätzlich „Falco und Orchester live in Wiener Neustadt 1994“, was aufgrund der oben erwähnten, nicht gerade authentischen Rekonstruktion dieser Aufnahmen nicht wirklich der ganzen Wahrheit entspricht. Aber natürlich: „Falco live in Wiener Neustadt 1994, Orchester und Publikum neu aufgenommen in Wien, 2007“ wäre vielleicht ein nicht ähnlich gut vermarktbarer Zusatz gewesen.

Die Rückseite der Covers zeigt Photos vom Konzert 1994, auch hier wurden seltsame graphische Schnittentscheidungen getroffen, auch die eigentümliche Farbgebung wurde wieder verwendet. DVD und CD verwenden dabei unterschiedliche Photos, es bleibt auch die Frage, warum hier unscharfe Photos verwendet beziehungsweise warum ein Unschärfe-Filter eingesetzt wurde. Störend ist auch der Einbau des Logos der Kronen-Zeitung, dies ist auf eine enge Zusammenarbeit dieser Tageszeitung mit Sony Music betreffend die Vermarktung zurückzuführen, es verleiht der Veröffentlichung jedoch nicht unbedingt Klasse. Im Inneren der Covers findet man weitere Photos in ähnlicher Gestaltung, im Booklet einen Text von Thomas Rabitsch in dem er die Hintergrundgeschichte des Konzerts und die Beweggründe für die Rekonstruktion erklärt. Auch ein Presseartikel mit einer Kritik zum Konzert, der 1994 in der Kronen-Zeitung zu finden war, sowie ein Bild von Falco mit seiner Live-Band von der Tour 1993 ist abgedruckt.

Sowohl bei der Fake-Live-Rekonstruktion als auch bei den Studio-Orchester-Remixes muss man feststellen, dass der symphonische Sound Falco nicht wirklich guttut. Wie so oft, wenn sich Popmusik mit klassischen Federn schmückt, ergibt diese Symbiose nicht das Beste, sondern das Schlechteste aus zwei Welten. Guido Tartarotti schrieb 2008 bei der Veröffentlichung darüber unter der Headline „Falco verharmlost“ sehr passend im Kurier: „Viele Rockmusiker haben offenbar eine heimliche Sehnsucht nach dem, was sie einmal zu bekämpfen vorgaben. Tatsache ist aber leider: es gibt kein einziges Beispiel für ein gelungenes Pop-Klassik-Crossover. Führt sich die Popmusik streichfettige Streicher und aufgeblasene Bläser zu, bekommt sie Blähungen. (Dieses Projekt) bildet da leider keine Ausnahme. Die Bearbeitung amputiert alle Gefährlichkeit von Falcos Musik und legt die österreichisch-schlampige Behäbigkeit und Konsens-Sehnsucht, die vor allem in Falcos späteren Stücken immer latent vorhanden war, schonungslos frei. Fazit: Falco bis hart an die Andre-Rieu-Grenze verharmlost, Falco für Menschen, denen Falco wurscht ist. Traurig auch deshalb, weil man die gute Absicht deutlich spürt. Wer den großen, bösen, unverdünnten Falco hören will, (wird hier nicht fündig)“.

Auch die Rekonstruktion des Live-Konzerts wurde im gleichen Medium negativ bewertet: „Der Konzertfilm geht auf ein Konzert aus dem Jahr 1994 zurück – damals spielte Falco erstmals mit einem Orchester, open air in Wiener Neustadt. Es sollte das einzige symphonische Konzert seines Lebens bleiben. Die Show wurde zwar in Ton und Bild mitgeschnitten, jedoch nur in mangelhafter Qualität. Was dann gemacht wurde, erinnert an CSI. Ein eigenes Softwareprogramm löste Falcos Stimme aus dem Klangbrei. Die Orchesterpartes wurden nach den Noten neu eingespielt. Die Bandmusiker rekonstruierten anhand der Livebilder, was sie damals tatsächlich musiziert hatten und spielten das im Studio Ton für Ton nach. Und mithilfe eines Falco-Fanclubs wurden auch die Publikumsreaktionen neu aufgenommen. Die Bilder wurden technisch optimiert sowie mit Amateuraufnahmen und Nachdrehs ergänzt. Das Ergebnis beeindruckt gewaltig – und zwar technisch noch mehr als musikalisch. Trotzdem bleibt die Frage: Warum mach man das? Abgesehen von „Weil wir es können“? Zur fehlenden Authentizität ein zweiter Einwand: Falcos Musik eignet sich hörbar nicht unbedingt dazu, von einem Orchester niedergezuckert zu werden. Der Flirt mit der Klassik hat den Pop noch nie größer gemacht, sondern, im Gegenteil, verharmlost“.

Auch das Libro-Magazin, das zwar feststellte, dass die Vermischung „überraschend gut funktioniert“, kritisierte zeitgleich die „aufgeblähten Streicherarrangements“ und die „auch optisch unwürdig aufbereitete“ Veröffentlichung. Das Magazin The Gap thematisiert ebenfalls die fehlende Authentizität und spricht von „einer Show, die so nie stattgefunden hat“. In die gleiche Kerbe schlagen auch der Musikexpress („Falls sie sich fragen was das soll – keine Ahnung. Bestimmt haben die Beteiligten viel Arbeit und vielleicht auch Liebe in dieses Projekt gesteckt, doch spürt man das nicht. Es wirkt alles zerfahren und fad. Als Bonus findet sich ein Making-of, welches nochmal alle technischen Feinheiten erklärt, bis man endgültig keinem Bild und keinem Ton mehr traut“) und die Tageszeitung Die Presse: „Hätte Falco jemals eine Orchesterplatte herausgebracht? Wohl nie. Das blieb den ehemaligen Mitmusikern vorbehalten. Falcos Ex-Kameraden versuchten mühselig, aus der Asche eines mickrigen DAT-Bands neues Feuer zu entfachen, zogen Falcos Stimme aus der alten Soundsuppe, spielten die Musik mit Band und Orchester neu ein. Respekt vor dieser raffinierten Restaurationsarbeit, doch der künstlerische Gewinn bleibt bescheiden“.

Ein Wort noch zum Sound der Falco-Band: natürlich spielten die Musiker beim Konzert gemäß der symphonischen Orchester-Arrangements, der Großteil der Songs wurde jedoch in der Struktur der 1993-Tournee gespielt. So auch Jeanny, hier wurde wie bei der Tour im Vorjahr am Ende des Songs statt des Outros der Refrain des zweiten Teils der Saga, Coming Home (Jeanny Part 2, Ein Jahr Danach), gespielt. Auch Rock Me Amadeus orientiert sich am Sound der Nachtflug-Tour, hier wurden aber, weil es halt allzu einladend war, auch neue symphonische Elemente (unter anderem Zitate aus Mozart-Werken) eingebaut.

Falcos Interaktionen während des Konzerts beschränken sich auf „Wir erklären den Wiener Neustädter Frühling hiermit für eröffnet“, einer Band- und Orchestervorstellung während Rock Me Amadeus und einem launigen Spruch nach dem letzten Song: „So, jetzt gehen wir auf einen Drink!“.

Ähnlich wie beim Konzert auf der Wiener Donauinsel kann man darüber nachdenken, warum dieser Orchester-Auftritt erst nach Falcos Tod und nicht in zeitlich kürzerem Abstand zum Live-Ereignis noch zu Lebzeiten veröffentlicht wurde. Schließlich war 1994 bereits klar, dass Falco wohl noch länger mit der Aufnahme einer neuen LP beschäftigt sein und man so schnell kein neues Falco-Produkt am Markt haben würde. Aber auch hier waren die Gründe wohl naheliegend: so war Falco zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere nicht besonders erfolgreich, weder das letzte Album Nachtflug, noch die daraus ausgekoppelten Singles hatten außerhalb von Österreich die Charts aufgemischt und so gesehen wäre wohl auch eine Veröffentlichung dieses Konzerts nicht wirklich wirtschaftlich und erfolgsversprechend gewesen. Auch bleibt offen, ob Falco einem Release dieses Konzerts zugestimmt hätte, es hatte damals nicht den Anschein, als wäre dieser Auftritt für ihn mehr gewesen als ein einmaliger, mittelmäßig aufregender Ausflug in die Klassik.

Sowohl die rekonstruierte Live-DVD als auch die Studio-Remix-CD waren bei der posthumen Veröffentlichung 2008 durchaus erfolgreich, letztere platzierte sich auf #1 in Österreich und schaffte es auch in Deutschland (#15) und der Schweiz (#34) in die Charts.

Es wurden sogar Singles auf den Markt gebracht, ein Edit der symphonischen Studio-Version von Der Kommissar gelangte in Österreich sogar bis auf #49 der Hitparade. Ein bisschen zeitversetzt wurde dann auch noch der Song Die Königin Von Eschnapur ausgekoppelt, versehen nicht nur mit einem Orchester- sondern auch mit einem durchaus gelungenem Peter Kruder-Remix.

Es ist übrigens durchaus kurios, dass das rekonstruierte Live-Konzert bis 2022 lediglich auf DVD und nicht auch separat im Audio-Format erhältlich war. Beim Audio-Release wurde dann auch das Cover leicht angepasst, zum Original-Artwork wurde in Pink das Wort "Live" dazugeschrieben. Im gleichen Jahr bracht Sony Music Austria übrigens auch das Studio-Remix-Album erstmals im Vinyl-Format auf den Markt (in limitieren weißen und schwarzen Vinyl).

Es ist vor allem die Rekonstruktion des Live-Konzerts auf DVD, bei der die Meinung der Falco-Fans seit der Veröffentlichung sehr weit auseinandergeht. Die einen sehen es als lobenswertes und mit viel Liebe gemachtes Projekt, welches die Veröffentlichung dieses Orchester-Konzerts von 1994 ermöglichte und diesen Auftritt so einem größeren Publikum näherbrachte. Die anderen betrachten es als eine unauthentische Mogelpackung, bei der lediglich Falcos Stimme ursprünglich ist, vor allem die Neuaufnahme aller Instrumente und auch des Publikums stößt ihnen schwer auf. Und in der Tat, natürlich ist die DVD-Fake-Live-Reproduktion des Gigs nicht zu vergleichen mit anderen Live-Veröffentlichungen wie Live Forever oder Donauinsel Live. Bei diesen beiden Releases wurden Konzerte vor Ort (1986 in Berlin beziehungsweise 1993 in Wien) mitgeschnitten und in der Nachbearbeitung lediglich geringfügig verändert und optimiert, wie das bei jedem Live-Album bei einer Veröffentlichung passiert. Bei Thomas Rabitsch Versuch, das symphonische Konzert in Wiener Neustadt von 1994 zu rekonstruieren, ist jedoch bis auf Falcos digital isolierte Stimme nichts mehr original, alles wurde mehr als eineinhalb Jahrzehnte später neu aufgenommen, nachgespielt und künstlich hinzugefügt.

Wenn beim Konzert jemand eine falsche Note gespielt, wenn jemand ein Gitarrensolo um ein paar Sekunden verschlafen, wenn der Dirigent einen Einsatz zu früh gegeben hätte – egal, es wäre am dann veröffentlichten Produkt nicht hörbar, schließlich wurde alles im Nachhinein ausgetauscht, verbessert, neu gespielt. Und selbst wenn Falcos Band ihren Beitrag in der Originalbesetzung neu aufgenommen hat: das 72-Personen-Orchester bestand rund eineinhalb Jahrzehnte nach dem Konzert bei der Rekonstruktion im Studio sicherlich nicht mehr vollständig aus den gleichen Mitgliedern wie beim Konzert, es spielten also andere Musiker die Töne ihrer Vorgängerinnen oder Vorgänger.

Ähnliches gilt auch für die Bildaufnahmen: Natürlich wäre von Vorteil gewesen, wenn man großformatige Videoaufnahmen der Instrumente, die beim Konzert gespielt worden sind, vorliegen gehabt hätte. Wenn man solche Bilder nun bei der Rekonstruktion im Studio vor einem Green Screen nachdreht, dann kann das offensichtlich technisch eindrucksvoll umgesetzt werden, ob das authentisch ist, bleibt jedoch zu hinterfragen. Es ist sowohl ton- als auch bildtechnisch weniger eine echte Konzertfilmveröffentlichung, als eine nachträglich angefertigte Rekonstruktion eines Auftritts, der so nie stattgefunden hat.

Die Idee, dieses Konzert aufzubereiten ist eine (auch finanziell-kommerziell gesehen) naheliegende, das Ergebnis ist jedoch ein auf einer Authentizitätsskala dann doch recht weit unten liegendes. Natürlich war es Falcos einziges Konzert mit Orchester und deshalb für viele Fans interessant, aber wenn das Originalmaterial keine hochqualitative Verwertung zulässt, dann wäre es das Gescheitere gewesen, eine solche Veröffentlichung nicht zu machen und dem Konzert den legendären, sagenumwobenen Kultstatuts zu lassen, den es vor dieser Veröffentlichung inne hatte. Stattdessen hätte man ausschließlich an die Umsetzung des dann als CD auf den Markt gebrachten Orchester-Studio-Remix-Album gehen sollen, dieses ist von diesen problematischen Fragen weniger betroffen und wäre vielleicht als einzige Symphonic-Veröffentlichung besser und auch stilvoller gewesen.

Übrigens: wer das Original-Konzert von 1994 unbearbeitet hören und sehen möchte, findet den gesamten Auftritt hier bei YouTube.

Beteiligte

Produced by Thomas Rabitsch
Recorded by Dietmar Tinhof & Dorothee Badent
Mixed by Dietmar Tinhof
Recovery and digital transfer of historical original analog tapes by Othmar Eichinger
Mastered by Martin Scheer
A&R by David Bronner
Graphik artwork by Jörg Eisenprobst, Dynamowien
Coverphoto by Curt Themessl
Coordination & Booklet content: Anja Rabitsch & Anna Mendt