Video, Dokus & Filme

Falco – Der Poet

2010
Sony Music Entertainment Austria GmbH

  1. Intro – Falco Superstar
  2. Falco ist (mehr als) Literatur
  3. Wiener Blut – ein Wiener Poet
  4. Falco und der Schmäh von Hans Hölzel
  5. Kunst – oder Schall und Rauch?
  6. Der Grenzgänger
  7. Falco ist Emotional
  8. Der Poet und die weiblichen Musen
  9. Ist Falco unsterblich?
    Bonus
  10. Tribute To Falco – The Bolland Project feat. Alida
  11. Helden Von Heute (Live Version)
  12. Anaconda ‘Mour (Spezialversion 2010)
  13. America (Poetry Clip – Martin A. Hainz)
  14. America (Hubertus von Hohenlohe)
  15. Männer Des Westens – Any Kind Of Land (Poetry Clip – Günter Zimmermann)
  16. No Time For Revolution
  17. The Sound Of Musik (Poetry Clip – Horst Bork)
  18. Charisma Kommando
  19. Europa (Poetry Clip – Thomas Rabitsch)
  20. Rock Me Amadeus (Poetry Clip – David Baum, in der Anmutung von Oscar Werner)
  21. Anaconda ‘Mour (Poetry Clip – Christian Ide Hintze)

Über das Video

Dieses Produkt reiht sich ein in die lange Liste von Falco-Veröffentlichungen von Rudi Dolezal, Teil von Falcos bevorzugtem Videoclip-Regisseur-Team DoRo, der es geschickt versteht, sich rund um Falco-Jahrestage und im Sog von anderen Falco-Veröffentlichungen mit eigenen Produktionen ins Rampenlicht zu stellen. Und so beruht auch dieser DVD-Release aus dem Jahr 2010 darauf, dass im gleichen, beziehungsweise im Jahr zuvor, Christian Ide Hintzes Wiener Schule für Dichtung zwei durchaus interessante Bücher auf den Markt gebracht hatte. Das eine beschäftigte sich mit Falcos Texten (Lyrics Complete), im anderen (Falco’s Many Languages) betrachten acht Wissenschaftler aus den Bereichen Germanistik oder Literatur Falcos Texte im Zusammenhang ihrer Studien. Beide Veröffentlichungen haben zum Ziel, Falcos textliches Werk in einen Zusammenhang mit hoher Literatur zu stellen, Falco als Poeten, als Dichter zu positionieren.

Und was läge da näher, als auch ein Video zu produzieren, wo manche dieser Wissenschaftler, aber auch Falcos Weggefährten und Dichter und Literaten aus Wien, zu Worte kommen? Im Grunde ja keine schlechte Idee, nur leider enttäuscht auch diese Dolezal-Produktion auf qualitativer Ebene. Hier wird in gewohnter Weise mit tollen Überschriften und Slogans laut getrommelt, die DVD bietet aber unter dem Strich recht wenig, dehnt das Vorhandene übermäßig aus und bläst Triviales inflationär auf. Die Laufzeit des Videos von rund eineinhalb Stunden wird mit unzähligen Videoclips von Falco verlängert, das eigentliche Thema wird, auf mehrere DVD-Kapitel verteilt, zerrissen und unzusammenhängend präsentiert, es gibt keinen roten Faden, keine Struktur, keinen überlegten, sinnvollen Aufbau. Das scheint aber natürlich das Konzept zu sein, denn für sich genommen, würde keines der Interviews mit den Literaturwissenschaftlern oder den Leuten aus Falcos Dunstkreis einen Mehrwert bieten – um ein Video mit ansprechender Laufzeit als Verkaufsprodukt veröffentlichen zu können, wurden daher diese Aufnahmen wie in einem schnell geschnittenen Videoclip geschnitten, das Ergebnis ist eine Dokumentation über ein eigentlich interessantes Thema, die jedoch reißerisch und oberflächlich produziert wurde.

Als Bonusinhalt findet man auf der DVD dann noch ein Originalvideo von Falco aus dem Jahr 1990 (Charisma Kommando) sowie zahlreiche „Poetry Clips“, so nennt Dolezal Aufnahmen von Promintenten, die Falco-Texte lesen. Auch ein paar posthum produzierte Videoclips zu Falco-Nummern sind bei diesen Zusatzinhalten vertreten.

Das erste Kapitel der DVD beginnt wie die Video-Veröffentlichung Der Echte Falco mit der Szene aus dem Clip zu The Sound Of Musik, in der Falco, verkleidet als König Ludwig II., einem Plastiksee entschwebt. Nicht gerade original, diese, weder hier noch dort passende Szene als Intro wiederzuverwerten. Danach werden im schnellen Stakkato-Schnitt Weggefährten Falcos mit kurzen Zitaten gezeigt, im Hintergrund erklingt die Intro-Melodie von Falcos symphonischen Konzert aus dem Jahr 1994. Zu Worten kommen, neben Falco selbst, sein Entdecker Markus Spiegel, sein Musikerkollege Thomas Rabitsch, sein Manager Horst Bork und der Regisseur und Schauspieler Paulus Manker. Falcos Idol Oskar Werner wird erwähnt, aus diesem Grund liest wohl der Journalist David Baum Falcos Text zum Song Ganz Wien im typischen, nasalen Sprachstil dieses Schauspielers. Danach wird das Video zum Sample-Song Tribute To Falco gezeigt, nicht ganz zufällig, schließlich hat Dolezal auch diesen Clip für den Song der Bolland-Brüder, Falcos ehemaligen Produzenten, gedreht. Dazwischengeschnitten werden Aufnahmen der zuvor Genannten, die im Stile von Slogans wohl auf das nun Kommende neugierig machen sollen. Das Ganze wirkt aber wie eine recht populistische, übertriebene Überhöhung („Falco ist… unvergleichlich, Kunstfigur, cool, unterbewertet, Genie, Poet, Weltstar, Geschichte, gefährlich, unsterblich, royal, Popkultur, schillernd, emotional, Mensch, Textdichter, Sprachkunst, Wien, schön, Wiener Blut, Gesamtkunstwerk, Feingeist, Haberer“). Naja, auch so füllt man ein paar Minuten…

Der darauffolgende Teil ist mit einer Laufzeit von rund einer dreiviertel Stunde das Hauptelement dieser DVD. Hier sprechen Wissenschaftler, Schriftsteller, Schauspieler und Dichter wie Günther Zimmermann, Peter Ernst, Alice Bolterauer, Christan M. Pabst, Michaela Falkner, Wolfgang Bauer, Ulrike Krammer, Christian Stiegler, Christian Ide Hintze, Roland Neuwirth, Hanno Pöschl, Martin A. Hainz, Paulus Manker über Falco, seine Texte und seine Darbietung. So richtig Substanz haben all diese Auseinandersetzungen jedoch nicht, ein Problem, das auch im Buch Falco’s Many Languages bemerkbar ist. Zudem verleihen auch der Schnitt und der Aufbau der DVD dem Ganzen noch zusätzlich Oberflächlich- und Substanzlosigkeit. Es wirkt mehr wie eine chaotische Ansammlung von auseinandergerissenen Interviews und Meinungen als eine zusammenhängende Analyse von Falcos behaupteter literarischen Qualitäten in seinen Texten. Auch die Zitate von Rabitsch, Bork, Spiegel und dem ehemaligen Bürgermeister von Wien, Helmut Zilk, erheben sich kaum aus dem mehr oder weniger inhaltslosen Niveau. Auch zwei Teilnehmer an Falcos Lesung an der Wiener Schule für Dichtung anno 1995 sprechen über ihre Erfahrungen und Erinnerungen. Am interessantesten sind noch die kurzen Auszüge aus Falco-Interviews (von 1986, 1988, 1990, 1996 und 1997). Abgerundet beziehungsweise gestreckt wird das Kapitel mit Lesungen von Falco-Texten durch einige Beteiligte sowie einer Aufnahme von Ernst Jandl, in der dieser sein Gedicht „Schzngrmm“ vorträgt. Wenn einzelne Falco-Texte beziehungsweise -Songs angesprochen werden, nutzt Dolezal das selbstverständlich sofort zur Laufzeitverlängerung des Produkts und so sieht man Ausschnitte aus extra für diese DVD angefertigte Kurz-Clips (America, Männer Des Westens – Any Kind Of Land, Expocityvisions, Monarchy Now), aus Live-Aufnahmen (Nachtflug, vom Donauinselfest 1993), sowie aus posthum produzierten Videos (Egoist, No Time For Revolution, Der Kommissar im Club 69-Remix) und aus Originalclips (Data De Groove, Charisma Kommando, Titanic). Gezeigt werden auch Photos von Falcos Live-Konzert in den Wiener Sofiensälen, bei dem er Beatles-Songs performt hat, im Hintergrund läuft die Aufnahme von Falcos Coverversion von Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band.

Danach wird dann mehr als nur dezent spürbar, dass den DVD-Produzenten das Material ausgeht, es wird verkrampft eine Verbindung von Falco zu Wien und Wiener Künstlern gesucht und diese mehr schlecht als recht mit einem Interview mit Hermann Nitsch gefunden. Dessen blutige Schüttbilder (von denen Falco mehrere gekauft und in seiner Wohnung aufgehängt hatte) müssen herhalten, um einen Connex zum Song Wiener Blut zu schaffen. Natürlich läuft danach der Videoclip zu diesem Falco-Hit von 1988 in fast vollständiger Länge. Nachdem die Germanistin Christiane M. Pabst einige Worte zu Falcos Verwendung von Rotlichtmilieu-Wörtern gesprochen hat, muss dann die Nummer Ganz Wien daran glauben, auch sie wird jetzt irgendwie mit dem Poeten-Thema verbunden, der Schriftsteller Wolfang Bauer liest Auszüge aus diesem Text. Auch Falcos Wiener Wegbegleiter kommen wieder zu Wort, auch diesmal recht inhaltsleer. Nachdem dann der Journalist David Baum aus Rock Me Amadeus (auch hier wieder im Stile von Oskar Werner) zitiert und die Videoclips zu Ganz Wien, Rock Me Amadeus, Vienna Calling (natürlich auch hier nicht in der Originalversion von 1985, sondern in der posthum produzierten 2010-Verison von DoRo), Junge Roemer, The Sound Of Musik und neu angefertigt zu America abgelaufen sind, werden zusätzlich noch Ausschnitte aus Interviews mit Arnold Schwarzenegger, Niki Lauda, den Bollands und Hansi Lang, Falcos Freund als Hallucination Company-Tagen, eingespielt. Natürlich werden auch Interviews von Falco verwendet.

Im Kapitel namens „Falco und der Schmäh von Hans Hölzel“ wird es dann endgültig lächerlich. In diesem nur rund dreieinhalb Minuten langen Chapter werden hauptsächlich launige Interviewausschnitte von Falco gezeigt, dazwischen kommentiert auch Ronnie Seunig, Falcos finanzieller Mentor und Freund in seinen letzten Lebensjahren, Falcos Arroganz und Dekadenz. Auch der Journalist David Baum kommt wieder vor, auch hier liest er im Oskar-Werner-Stil aus dem Text von Rock Me Amadeus.

Anschließend gibt es Interviewausschnitte von Falco, zentrales Thema ist jenes Interview, in dem er 1993 darüber spricht, dass er die Künstler und Maler beneide und Musikkonzerte doch nichts anderes wären als Schall und Rauch. Die Interviews mit Paulus Manker, Horst Bork, Wolfang Bauer und Christian Ide Hintze sind dabei recht mühsam auf dieses Thema gepolt, den Gipfel der Anmaßung erreicht Dolezal aber damit, dass er auch ein Interview von Falcos Idol David Bowie aus den frühen 90er Jahren verwendet, dies hat natürlich überhaupt nichts mit Falco und nur wenig mit Kunst und dem Thema der DVD zu tun. Naja, Hauptsache ist dabei wohl eher, wieder einen prominenten Namen in der eigenen Produktion eingebaut zu haben. Auch Horst Bork kommt hier wieder vor, hier liest er Auszüge aus dem Text zu The Sound Of Musik.

Danach dreht sich alles um ein Zitat von Falco aus einem Interview von 1997 in der Dominikanischen Republik, in dem er davon spricht, ein Grenzgänger zu sein. Neben einem anderen Falco-Interview von 1990 hört und sieht man hier mehr oder weniger dazu passende Wortmeldungen von Pauls Manker, Markus Spiegel, Hans Mahr (Falcos ehemaligem Presse-Manager), Christian Ide Hintze sowie Wickerl Adam, dem Gründer der Hallucination Company. Auch das Bowie-Interview wird hier wieder völlig sinnfrei verwendet. Um die Laufzeit zu verlängern, sieht man Ausschnitte aus den Clips zu Mutter, Der Mann Mit Dem Koks Ist Da, Naked, The Spirit Never Dies und Push! Push! Auch neu angefertigte Kurzvideos zu Bar Minor 7/11 (Jeanny Dry) sowie Europa werden gezeigt. Abschließend liest Thomas Rabitsch auszugsweise aus dem Text von Europa, jenem Song den er gemeinsam mit Falco und Thomas Lang 1995 geschrieben hat.

Das siebte Kapitel („Falco ist emotional“) bemüht dann erneut das von Rudi Dolezal so oft behandelte Thema von Falco und seinen Beziehungen zu Frauen. Was das mit Falco als Poeten zu tun hat, weiß keiner, aber natürlich geht dieses boulevardeske Thema immer gut, mit viel, viel gutem Willen kann man das vielleicht noch als poetischen Kuss der Musen deklarieren. Zunächst sieht man Auszüge aus den Videos zu Emotional und zu Jeanny. Es ist wirklich nicht nachvollziehbar, warum vor allem der letzte Songs irgendetwas mit Falcos Privatleben zu tun haben soll, aber diese verwirrende Unlogik wurde ja schon bei anderen Videos, wie zum Beispiel bei der Doku Hoch Wie Nie eingesetzt. Neben Interviews mit Falco von 1985, 1986 und 1990 geben auch Horst Bork, Markus Spiegel, Wickerl Adam, Paulus Manker, Wolfang Bauer ihren Senf dazu – meistens wahrscheinlich unwissend, in welch unpassenden Kontext ihre Worte auf der DVD verwendet werden. Auch David Baum liest wieder, hier wird im Stile Oskar Werners der Song Jeanny wiedergegeben. Besonders peinlich ist in diesem Kapitel, dass Dolezal ein Interview, das Falco 1986 im Rahmen der deutschen Musiksendung „Formel Eins“ mit der Moderatorin Stefanie Tücking geführt hat, mit „Falco & Désirée Nosbusch“ untertitelt – Falcos Duettpartnerin auf der Nummer Kann Es Liebe Sein? von 1984 wollten die Regisseure da wohl auch noch irgendwie mitnehmen. Im vorletzten Kapitel kommt dann auch noch Falcos andere Duettpartnerin, Brigitte Nielsen, vor. Hier wird es dann wirklich skurril, wenn ausschließlich der Videoclip zu Body Next To Body und kurze Ausschnitte aus einem Interview der beiden Künstler anno 1987 im Rahmen der Videoproduktion gezeigt werden.

Letztendlich wird dann natürlich auch noch klischeehaft der Clip zu Falcos posthumen Hit Out Of The Dark gezeigt. Dazu gibt es Wortmeldungen von Peter Ernst, Alice Bolterauer, Christian Stiegler, Wickerl Adam, Markus Spiegel, Hans Mahr und Paulus Manker. Letzterer findet dabei einige passende und durchaus realistische Worte, wenn er meint, dass „(Falco) zum richtigen Zeitpunkt gestorben ist“ und auch die Art des Todes, ein Autounfall, ein klassisch-romantischer „großer Tod“ sei, eine „völlige Zerstörung“, die erst das „Heldenhafte und Unsterbliche“ garantiert. Dabei nennt er als Beispiele für solche Tode James Dean und Albert Camus. Mankers Worte wären ein sinnvoller und perfekter Abschluss dieses Videos gewesen, doch leider kann Dolezal nicht umhin, die Doku mit einem Video aus seiner DoRo-Produktion zu beschließen – und so sieht man dann den Clip zur posthumen Single Verdammt Wir Leben Noch im endgültigen Finale. Über die Credits läuft dann nochmals die Oskar-Werner-Persiflage von David Baum, diesmal liest er Jeanny (auch das völlig unpassend, wäre hier nicht Out Of The Dark besser gewesen?).

In der Bonus-Sektion der DVD findet man dann noch so genannte „Poetry Clips“, Aufnahmen von Personen, welche die Texte zu Falco-Songs wie Rock Me Amadeus, America, Männer Des Westens – Any Kind Of Land, The Sound Of Musik, Anaconda ´Mour und Europa nachsprechen. Für Falco-Fans interessanter sind die Videoclips zu Charisma Kommando (dieses Video wurde zuvor noch nie auf einem Bildträger veröffentlicht) und die posthum angefertigten Videos zu No Time For Revolution, Helden Von Heute (in einer Live-Version mit Material von 1984) sowie Anaconda `Mour (wenn man dieses Machwerk denn wirklich als Videoclip bezeichnen mag, Rudi Dolezal verwendet für diesen rund einminütigen Song lediglich verlangsamtes Material aus dem Video zu Data De Groove). Auch der Clip zu Tribute To Falco, dem Bolland-Release von 1998, darf auf einer DoRo-Veröffentlichung natürlich nicht fehlen.

Beim Cover der DVD fragt man sich, warum eine Aufnahme aus dem Video zu Rock Me Amadeus (Falco in Rokoko-Outfit sowie neongefärbter Mozart-Perücke) als Photomotiv ausgewählt wurde. Falcos Ausflüge in die Literatur fanden Mitte der 90er Jahre statt, wäre hier nicht ein Bild des Künstlers aus dieser Periode sinnvoller und passender gewesen? Noch dazu, wo Falco in dieser Phase eine Vollglatze trug (wohl auch um sich optisch von seinem Popstar Alter Ego zu unterscheiden und einen Identitätsbruch auch auf dieser Ebene auszudrücken). Auch der pathetische Untertitel „Falco für die Ewigkeit?“ findet sich am Frontcover. Auf der Rückseite der DVD-Verpackung und auch im wurden weitere Photos verwendet: Hier finden sich einige Bilder auf denen Falco 1995 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Wiener Schule für Dichtung zu sehen ist – man sieht ihn während seines Benefizkonzerts live auf der Bühne in den Wiener Sofiensälen sowie während seiner Lehrtätigkeit. Die anderen Photos sind wieder mal völlig unpassende Aufnahmen, die während der Aufnahmen zu Videoclips, die DoRo produziert haben, gemacht wurden. Selbstverständlich verpasst Dolezal diese Möglichkeit nicht, um sich selbst zu präsentieren, natürlich sieht man in den meisten dieser Bilder die beiden Regisseure. Auch ein Bild von Rudi Dolezal allein findet sich im Booklet. Auch hier muss man sich fragen, warum die beiden Filmemacher sich selbst so sehr ins Zentrum rücken. Zusätzlich findet man im Booklet auf zwei Seiten Werbung für Falco-Produkte aus dem Hause Sony Music sowie ein Text von Rudi Dolezal über Falco als Poeten. Auch hier wird wieder Übertreibung praktiziert, der schöne Satz „Wenn er das noch hätte erleben können“ findet sich gleich mehrmals in diesen Liner Notes.

Die DVD, die lediglich in Österreich auf den Markt kam, schaffte es nicht in die Charts.

Es ist auch bei dieser Veröffentlichung bedauerlich, dass Videoproduktionen über Falco häufig nicht auf einem höheren Qualitätsniveau realisiert werden. Die meisten dieser, von Dolezal angefertigten, Videos strahlen leider ein überhastetes, liebloses 08/15-Feeling aus. Mit wenig Aufwand wird hier oft versucht, mittels reißerisch-lauter Werbung und Betitelung den Eindruck zu erwecken, dass diese Videos umfangreiche und interessante, neue Betrachtungsweisen auf Falco erlauben. In Wirklichkeit werden die immer gleichen Videoinhalte neu zusammengeschnitten und mehr als zwanghaft und übertrieben mit dem jeweiligen Thema der DVD verheiratet. Hier ist es zufällig das Thema „Falco – Der Poet“, der Großteil des Videomaterials könnte aber auch unter jeder anderen Überschrift verwendet werden. Lediglich die neu gedrehten Interviews mit den Germanistik- und Sprachwissenschaftlern sind neu – leider aber halt auch nicht besonders interessant. Das liegt zum einen sicherlich an der Schnitttechnik der DVD, die eine tiefergehende Behandlung beziehungsweise Auseinandersetzung mit dem Thema verhindert, zum anderen aber auch daran, dass diese Verbindung zwischen Falcos Texten und Poesie, Dichtung und Literatur halt leider wirklich auch eine, meiner Meinung nach, schwache ist. Das auch deshalb, weil Falco seine Texte ja nur bei wenigen Songs vollständig selbst geschrieben hat. Wenn jetzt, sowohl beim Buch Falco’s Many Languages als auch bei dieser DVD, Nummern wie Jeanny, Egoist, No Time For Revolution, Wiener Blut, Vienna Calling, The Sound Of Musik, Rock Me Amadeus, Mutter, Der Mann Mit Dem Koks Ist Da, Naked, Push! Push!, Body Next To Body und Out Of The Dark als Beispiel angeführt werden, dann ist das natürlich deshalb problematisch, weil Falcos Songwriter und Produzenten bei all diesen Songs den Text zumindest mitgeschrieben haben.

Darüber hinaus muss auch klar gesagt werden, dass bei dieser DVD lediglich die Hälfte der Laufzeit auf Falco als angeblicher Poet eingegangen wird. Die andere Hälfte besteht aus altbekanntem DoRo-Videoarchiv-Material, das man seit Falcos Tod in unzähligen Veröffentlichungen durch Rudi Dolezal wiederfindet.

Selbstverständlich hat Falco im Laufe seiner Karriere faszinierende, interessante und ansprechende Songtexte geschrieben und diese auch mit einer ganz eigenen Note (Mehrsprachigkeit, Mischen von Sprachen innerhalb eines Satzes, etc.) versehen. Und natürlich können diese, per Definition, als Kunst, als Literatur, als Dichtung gelten. Dieser Film krankt aber, genau wie das Buch Falco’s Many Languages, daran, dass einerseits Selbstverständliches groß aufgeblasen wird, andererseits darauf vergessen wird, dass viele der zitierten Texte gar nicht mal von Falco alleine stammen (sondern teilweise in großen Teilen von seinen Produzenten und Songwritern geschrieben wurden): Der Umstand, dass Falco bei vielen Songs, lediglich noch sein so genanntes „Falconizing“ betrieben hat (also Textvorgaben in mehr oder weniger großem Umfang ergänzt oder verändert hat) wird bei all diesen Veröffentlichungen wissentlich oder unwissentlich verschwiegen. Wenn dann auch noch ein Film wie dieser von einem Regisseur produziert wird, der bei vielen seiner Falco-Produktionen nicht mit reißerischen Überschriften geizt und dessen Zugang ein eher kommerzieller ist, dann kommen am Schluss solche Projekte heraus: Eine gute Idee wird unkritisch und suboptimal umgesetzt. Schade, denn ein solcher Film hätte ja auch auf genau die oben beschriebenen Herausforderungen eingehen und ein umfassenderes, durchaus auch kritischeres Bild von den Bestrebungen, Falco als Poeten zu positionieren, zeigen können.

Veröffentlichung

DVD
Sony Music Entertainment Austria GmbH
Ein Film von Rudi Dolezal
Konzept: Das Medienstudio
Nach einer Anregung von Christian Ide Hintze
Executive Producer: Markus Spiegel
In Co-Produktion mit dem ORF
In Zusammenarbeit mit der Schule für Dichtung Wien
Buch: Rudi Dolezal
Instrumental Versions freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Thomas Rabitsch
Kamera: Reinhard Mayr, Hermann Dunzendorfer, Winfried von Wilmsdorff, Rudi D’Oro
Ton: Walter Novotny, Alexander Traint, N. v. Guttenberg
Schnitt: Roman Eichberger, Britta Nahler, Norbert Stangl
Schnittassistenz: Christian Bader, Roland Svoboda, Florian Senekowitsch
Post Produktion: DoRo Edit No. 7
Grafik: Reinhard Fenzl
Fotos: Angelika Krinzinger (Schule für Dichtung), Das Medienstudio (Bookletfotos), Rudi Dolezal (Cover)
Produktionskoordination: Uschi Stocker
Regieassistenz: Claudia Fahnler
Regie und Produktion: Rudi Dolezal
Eine DoRo-Produktion für Sony Music

PAL
DVD 9
16:9
Stereo 2.0
Extras: siehe Inhalt oben
Altersfreigabe: 12 Jahre
125 Minuten